Samstag, 29. Dezember 2012

Silvesterlauf Gera am 29.12.2012

Bericht: Dieser Lauf heute ist natürlich Pflichtprogramm für mich! Die Strecke ist heute im besten Zustand seit dem ersten Schnee Ende Oktober. Da der 20-km-Hauptlauf erst halb 10 beginnt, nutze ich den sonnig startenden Tag, um die Runde schon mal komplett alleine abzulaufen. Ein Radfahrer kontrolliert zeitgleich die Markierungen und wir treffen uns gelegentlich. Gegen 9:15 Uhr stehe ich wieder am Start an der Panndorfhalle, dehne mich, plaudere und freue mich auf eine eher entspannte zweite Runde auf meiner Hausstrecke.
Spätestens nach 35 km wird es dann auch recht schwer, also für heute reicht das. Beide Runden laufe ich gleich schnell, jeweils knapp 1:30. Hinzu kommt noch mein gut 1 km langer Heimweg im absoluten Lockerlauf. Am Ende des Tages kann ich 40,1 km in 3:05 Std. bei 940 Höhenmetern ins Trainingstagebuch schreiben - prima!!
Mehrere Läufer sagten heute wieder wie schön und auch anspruchsvoll dieser Lauf ist. Das kann ich nur bestätigen. 

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Jägerstein-Ultra am 15.12.2012

Kurzinfo: winterlich-feuchter Tiefschnee-Ultra von Fröttstädt auf den Schneekopf (knapp 70 km, 2200 Höhenmeter), basierend auf einer alten Legende um Caspar Greiner, welcher hier anno 1690 vermeintlich den goldenen Hirsch jagte.

Bericht: Auf dieses Ding hatte ich mich riesig gefreut! Mit 20 anderen Ultras aus Thüringen, Berlin, Bayern, Hessen usw. durch den winterlichen Thüringer Wald bis zum Jägerstein nahe des Schneekopfgipfels.
Wegen der Betriebsweihnachtsfeier am Vortag konnte ich nicht abends anreisen, sondern wollte gegen 4:30 Uhr am Samstagmorgen den ersten Zug nach Fröttstädt nehmen und um 7 mit der zweiten (schnelleren) Gruppe loslaufen. Naja, der Plan hatte wohl irgendeine Schwäche, denn um 5:45 Uhr sitze ich recht konfus (aber ausgeschlafen) in meinem Bett - da hatte ich wohl den Wecker nicht gehört... Jetzt heißt es Schaden begrenzen, das Nötigste packen und schnell zum Zug. Den Start in Fröttstädt schaff ich nicht mehr, also fahre ich fast zum Ziel (Bahnhof Oberhof) und laufe den anderen entgegen. Es ist jetzt ca. 9:30 Uhr.

Jägerstein - U L T R A (nur für Verrückte)

Vom Bahnhof aus laufe ich mittels GPS-Uhr der Jägersteinroute entgegen und erreiche diese nach gut 10 km knapp nördlich der A4 - Talbrücke Wilde Gera. Der Weg ist wirklich schwer zu laufen, die Kombination von meist tiefem Schnee und Plusgraden mit Regen kostet richtig viel Kraft. Teilweise hadere ich mit der GPS-Uhr, da ich keinen echten Weg finden kann. Dann stapft man einsam und erschöpft durch die wilde Gegend und fragt sich, wie man hier denn nur wieder reingeraten konnte.. Habe nur ein wenig Brot dabei, einen Energieriegel und etwas Wasser. Ich sammle Schnee, damit wenigstens das Wasser nicht ausgeht - das wäre fatal. Wieder einmal stimmt die Kilometer - Zeit - Relation in den Bergen nicht, 11-12 Minuten pro km bleiben keine Seltenheit heute.
Nach insgesamt 25 km treffe ich die Gruppe, reihe mich in die Wandertruppe ein und gehe den Weg zurück den ich gerade kam. Es sind nun 3 Stunden vorüber. Wir laufen im Gänsemarsch, der Vorderste spurt den Weg und hat damit die schwierigste Aufgabe. Daher wird häufiger gewechselt, das ist schon angenehmer als die beiden Stunden bis hierher, als ich der erste war, der hier seit dem letzten Schnee lief.
Nach ca. 4:15 Std. erreichen wir die zweite und letzte Verpflegungsstation, von hier an laufe ich zusammen mit Ecki Seher bis ins Ziel.

Eine warme Suppe kann so wunderbar sein!

Den Jägerstein finden wir leider nicht auf dem Schneekopf, zu tief ist der Schnee. Wir robben über den Schnee, brechen ein bis zur Hüfte. Als es dunkelt, brechen wir die Suche ab und machen uns zügig auf den Weg zur Schmücke, welche das Ziel darstellt. Ecki, welcher mit der späteren Gruppe startete und zur frühen Gruppe aufschloss, hatte schließlich 9:50 Std. auf der Uhr und knapp 70 km. Bei mir waren es immerhin noch 53 km in 6:49 Std.

Eine heiße Schokolade auf der Schmücke und alles wird wieder gut

Im wunderschönen Islandpferdehof der Familie Rothe in Fröttstädt gibt es noch ein reichliches Büffet, dann geht ein langer Tag zu Ende. Die meisten Ultras waren heute gute 11 - 12 Stunden unterwegs, meist bei Regen, überwiegend in nassen Klamotten.
Nach dem Frühstück renne ich noch 13 km nach Gotha zum Bahnhof, ein wenig ärgert es mich schon, dass ich nicht die volle Distanz verbuchen konnte...
Fazit: ein toller Lauf für Hartgesottene. Die 2013er Auflage ist bereits in Planung, es soll sogar noch eine "Sommerversion" geben.

Weitere Infos und viele Bilder hier bei den Meldeläufern

Montag, 19. November 2012

Bericht vom Waldmarathon Werdau am 18.11.2012

Kurzinfo: recht schneller Kurs mit ca. 400 hm, werde Dritter in 3:03 h, sehr glücklich!

Bericht: Mit nur geringen Nachwehen vom gestrigen Lauf geht es nach Werdau, Start ist um 11, d.h. ich konnte entspannt mit meiner Freundin frühstücken und es wurde auch fast gar nicht stressig auf der Hinfahrt :-)
Das hier ist natürlich ein anderes Kaliber als der familiäre Lauf von gestern, ca. 260 Läufer tummeln sich an der Sportschule Werdau, einem tollen Gelände mit allem drum und dran. Der Marathonlauf hat davon ca. 110 Teilnehmer, ein paar "von gestern" sind natürlich auch wieder dabei. Mein Ziel ist, die 3:30er Zeit zu bestätigen und am Ende vielleicht sogar etwas mehr Dampf zu machen, halt ein klassischer "Peter-Greif-Endbeschleuniger".


Ganz locker geht es mit 5:02er Pace auf den ersten Kilometer, doch bereits ein paar Minuten später... -Oh, eine Getränkestelle! hab seit über ner Stunde nix getrunken- .... also, bereits ein paar Minuten später wollen die Beine einfach ihr Tempo laufen und ich lass es rollen. Die Strecke ist schneller und härter als gedacht, ca. 50% Asphalt, dazu schön kühl um die 6 Grad - ideale Bedingungen! Ganz schwer, hier rumzutrödeln. So begab es sich, dass nach 44 Minuten bereits 10 km zu Buche standen. Zwar meldete sich mal dies und jenes Leiden, ein Muskelkater hier, ein Sprunggelenk da, doch alle Wehwehchen schwanden flugs wieder dahin. Ich liege ca. auf Rang 9 als ich auf Volker aus Leipzig auflaufe (Platz 2 gesamt beim Skatstadtmarathon), er hat heute nicht viel Glück und kann nicht volles Tempo gehen, gemeinsam erreichen wir die Halbdistanz nach knapp 1:31 Stunden, dann lässt er mich ziehen.
Ein paar Kilometer später überhole ich gleich zwei Läufer an einer Tränke - seltsam, genau wie gestern will mein Körper heute nur 3 Becher Tee/Cola während des ganzes Laufs und ein kleines Stück Banane, das genügt. Kurz darauf sehe ich Sören Schramm vor mir, auch er ist heute nicht so schnell wie sonst (war hier 2009 schon sub-3-Läufer, ist aber jedes Jahr langsamer geworden). Irgendwann gehe ich vorbei, Pace mittlerweile um die 4:20.
Es ist ein sehr schöner Lauf, nur wenige böse Steigungen und viel "Rollstrecke". Zweifellos gibt es mir auch Kraft, zu wissen, dass ich heute nur gewinnen kann. Zwischendurch denke ich: "Mensch, jetzt hast du nach dem Marathon gestern schon wieder 30 schnelle km abgeliefert. Was willste mehr?". Doch das reicht noch nicht, jetzt liege ich ca. auf Platz 6 und bin laufhungrig. Doch die Mitstreiter wollen einfach nicht näher kommen...  Einen Thomas überhole ich noch, dann beginnt das lange Rollen ins Ziel (überwiegend leichtes Gefälle).
Der km 40 mit seinen Steigungen tut noch mal weh - Pace 4:32.
Dann km 41, einen HM-Läufer und einen weiteren Thomas kann ich kassieren - Pace 4:13. Alles bebt, ich fühle mich wie ein Wolf!
Jetzt beginnt km 42, hundert Meter vor mir läuft leichtfüßig Falko Wesarg, der Vorjahressieger auf dieser Strecke. Irgendwas hakt aus im Kopf und ca. 800 m vorm Ziel beginne ich zu sprinten, ohne jede Chance, Falko noch einzuholen. Schuld allein trägt dieses Video (EM2006-Finalsieg von Jan Fitschen über 10.000 m), welches ich mir heute morgen noch reingezogen habe. 500 m vorm Ziel knurre und schnaufe ich, abschüssige Strecke, erstaunte Gesichter am Streckenrand, Beifall. Falko bemerkt mich, als ich 5 m hinter ihm bin. Auf gleicher Höhe liegend, zieht er an - doch er kann mein Sprinttempo nicht mitgehen. Es fliegen die Fetzen, zwischendurch -in diesen Sekunden der Entscheidung!- muss ich auch noch an der GPS-Uhr rumfummel, denn ich hab keine Ahnung wo das Ziel ist - jedenfalls nicht da, wo der Start war - oh! ein Schild! - oh nein! noch ein knackiger Anstieg! - letzte Kurve - Zieleinlauf!! Haaaaaammer!! Die Durchschnittspace des letzten km, meines 84. an diesem Wochenende, war 3:28 min/km - ENDE.

Zielsprint - tora! tora! tora!

Ehrung als Nr. 2 der AK30 (Nr. 3 gesamt)
Alle Infos zum Lauf hier: http://www.werdauer-waldlauf.de

Bericht vom Borna-Marathon am 17.11.2012

Kurzinfo: Kleiner, feiner Mehrgruppenlauf ohne Wettkampfcharakter. Wunderbar sonniger Lauf in 3:25 h

Bericht: Hoppla, beinahe hätte ich den hier übersehen! In nur wenigen Internet-Terminkalendern ist dieser Marathon gelistet, zufällig las ich davon in einem Bericht vom Werdau-Marathon (für den ich morgen gemeldet bin) und meldete mich spontan eine gute Woche vorm Lauf an - den Marathon-Doppeldecker also klar im Visier. Das wird die letzten Urlaubspfunde verbrennen und das Training hinsichtlich Jägerstein-Ultra etwas "würzen".
Jens, der Orgachef, begrüßt mich gleich mit Namen und alles läuft ganz entspannt und wie am Schnürchen: Startnummer, T-Shirt und Bons für Speis & Trank - das Marathonlaufen kann so wunderbar einfach sein. Aber Moment, wir sind ja noch gar nicht gelaufen :-)
Also, das läuft hier in Borna so: Du suchst dir im Vorfeld eine Gruppe je nach geschätzter Zielzeit aus. Ich nehme die Schnellste mit 3:30-h, daneben gibt es noch 4:00 h, 4:30 h und 5:00 h. Das verbessert während des Laufs nicht nur die Kommunikation (man kann miteinander reden statt gegeneinander zu hetzen), sondern erleichtert auch die Sperrung der wenigen Straßen, welche wir während der einen großen Runde queren müssen. Die Eckpunkte dieses flachen Laufs durch meist unberührte Wildnis und an Seen entlang sind: Borna - Harthsee - Wyhra - Blumroda - Speicherbecken Borna - Kahnsdorfer See / Hainer See - Espenhain - Speicher Witznitz - Borna.
Unsere Gruppe konnte weitest gehend zusammen bleiben, die Pace pendelte immer so um die 4:50 min/km. Einen großen Dank möchte ich noch an die vielen Radbegleiter senden (mind. 2 je Gruppe), welche zusätzlich zu den festen Versorgungspunkten auch unterwegs um unser Wohl bemüht waren!
Sehr entspannt, bei Sonnenschein und Bierchen (Piesau-Stimmung!) endet der schöne Lauftag hier. Keine Ahnung, warum Borna und Werdau ihre Marathons immer am gleichen Wochenende veranstalten, vermutlich könnten beide profitieren, wenn es anders wäre, aber was solls. Das nehmen wir doch ultra-gelassen ;-)

Alle Infos und Bilder zum Lauf hier: VSV Borna

Freitag, 19. Oktober 2012

Bericht vom Marathon nach Athen vom 14.10.2012

Kurzinfo:
Das Original! Ganz allein 43 km von Marathonas nach Athen gelaufen in 3:59 Std., Temperaturen um die 27 Grad.

Bericht:
Anlässlich des Griechenlandurlaubs war eigentlich die Teilnahme am "Athens Classic Marathon" geplant. Allerdings herrscht im November bereits Nachsaison, viele Hotels und Restaurants sind zu, Busverkehr ist eingeschränkt etc.
Also fand der Urlaub jetzt Anfang Oktober statt und der anvisierte Marathonlauf wird autonom als One-Man-Show durchgezogen, ist eh näher am Original. Ohne Griechisch-Kenntnisse war das Auffinden der richtigen Busverbindung vom Moloch Athen zum Startpunkt Marathonas nicht ganz leicht. Hinzu kam eine gnadenlose Faulheit seit 14 Tagen (nur 3 sehr kurze Läufe) und heiße Temperaturen.

Endstation "Marathonas"? Nein, erst der Anfang von allem!

Die Strecke hatte ich schon in Deutschland auf meinen Forerunner geladen, so konnte ich mich auf der Hinfahrt (für 3,70 €) bereits mit dem Gedanken anfreunden, dass die vierspurige "Bundesstraße" auf der wir gerade fuhren, auch meine Laufstrecke retour sein wird. Naja, immerhin wird es eine günstige Aktion werden, die Gesamtkosten inkl. Transport, zwei Energy-Getränke, Wasser und einer Packung salziger Pistazien liegen unter 10 Euro.

Hochkonzentriert am Start :-)

Die Entfernung Marathonas-Athen per Luftlinie beträgt 27 km, allerdings kann man nicht mal eben abkürzen, da es keine vernünftigen Wanderwege gibt und die Abkürzung über einen Berg verliefe, darauf kann ich heute gut verzichten. Also halte ich mich 1:1 an die Wettkampfstrecke des Athen-Classic-Marathons, d.h. knapp 43 km entlang einer Straße, bogenförmig ins Herz Athens, zum Panathinaiko-Stadion.
Bereits beim Aussteigen aus dem Bus habe ich Sonnenbrand von den letzten Tagen und bin durchgeschwitzt. Perfekt, auf geht´s!
Ein Fußgänger ist im griechischen Straßenverkehr ein sehr rangniedriges Lebewesen, kurz hinter streunenden Hunden. Mit Rücksicht ist also nicht zu rechnen, auch nicht mit einem Gehweg, der diesen Namen verdient. Dieser ändert sich je Grundstück, ständig muss man Absätze hoch- oder runtersteigen. Oft ist der schmale Gehweg durch Müll(-tonnen) oder Autos versperrt, mal sind Strom- oder Lichtmasten mittig auf dem Weg platziert, so dass man nicht dran vorbei kommt. Aber nur auf ca. der halben Strecke existiert überhaupt ein Gehweg, meist muss man auf der Straße laufen oder durch angrenzendes Gebüsch, welches offenbar in der Regel als Toilette oder Mülldeponie Verwendung findet.
Bereits nach wenigen km macht die Strecke einen kurzen Abstecher Richtung Küste, der Grund hierfür ist mir nicht bekannt, aber vom Bus aus sah ich ein Läuferdenkmal hier in der Gegend, also steuere ich das an, mache ein Foto und ziehe weiter, zurück zur Hauptstraße.

Von New Balance gestiftetes Denkmal nach 6 km

Bevor diese erreicht wird, laufe ich noch völlig ahnungslos in eine Dreiergruppe Hunde hinein, die mich sofort anblaffen und auf mich zukommen. Einer meint es recht ernst und ich muss schnell einen Stock aufheben und gehe wütend schreiend auf ihn zu (das hilft meistens). Mit erhöhtem Puls ziehe ich mich zurück und erreiche die Straße - ab jetzt keine Experimente mehr, ich bleibe auf der Hauptstraße!
Übrigens ist mein Tempo natürlich sehr lahm, so um die 5 min / km, die Strecke steigt tendenziell leicht an, ca. 450 ansteigende Höhenmeter gesamt.


So sieht er aus, der Weg zum Glück (braunes Schild beachten)

Zwischendurch kaufe ich mir an einer Tankstelle frisches Wasser, denke über die hässliche Strecke nach, halte diesen Marathon für eine echte Prüfung. Mein Respekt für alle Spartathlon-Teilnehmer steigt gerade ins Unermessliche.
Die letzten 10 km spielen sich dann schon im dichteren Stadtgebiet Athens ab, dass heißt: Noch mehr Vorsicht walten lassen im Verkehr! Langsam bricht die Nacht herein, ich hab natürlich kein Licht dabei, aber es geht auch so. Man weicht eben den Autos, Motorrädern, Hunden, Fußgängern und Stolperfallen aus, so gut es geht.
Dann sehe ich auf der Straße eine gelbe Streckenmarkierung ("37 km") - das ist mein Zeichen, nur noch 5 km! Ein guter Grund, mal ein Bier zu trinken auf den Erfolg. Mit dieser Betankung gehen nun die letzten km noch mal so schnell vorbei, ganz überraschend erscheint dann nach knapp 4 Stunden das wunderschöne Ziel zu meiner Linken:

Was für ein Traumziel: Das Panathinaiko-Stadion

Boah, geschafft! Diese Strecke brauche ich nicht noch mal. Aber es ist schon ein tolles Gefühl, dieses Ding mal gelaufen zu sein.

Sonntag, 30. September 2012

Bericht vom Saale-Rennsteig-Marathon am 30.09.2012

Kurzinfo:
Diesmal Podestplätze getauscht mit Marcus Baldauf, d.h. diesmal Rang zwei für mich und Sieg für ihn. Zeit 10 Minuten verbessert auf 3:22, Marcus war 2 Minuten schneller - so wie ich im letzten Jahr.

Bericht:
Die diesjährige Teilnahme (als Vorjahressieger) am 5. SRM war lange geplant und wurde glücklicherweise auch durch meine Verletzung aus Reichenbach nicht verhindert - wohl aber erschwert.
Naja, wenigstens den September konnte ich wieder gut trainieren, erreichte um die 120 km pro Woche. Allerdings unterschätzte ich das Höhenprofil des SRM und legte nicht ausreichend Wert auf Bergtraining (wo hätte ich die Berge auch hernehmen sollen?). Die Anmeldung von Marcus eine Woche vor dem Lauf machte angesichts seiner überragenden Berglaufleistungen so eine Art Renntaktik notwendig:
Ich müsste zügig Raum gewinnen und hoffen, den Vorsprung bis ins Ziel zu retten. Das hat ganz gut geklappt, zwischendurch bei km 20 dürfte ich 5 min Vorsprung gehabt haben, Pace um die 4:00 min/km. Dann kam der lange Anstieg nach Gösselsdorf, meine Beine wollten nicht mehr rennen und exakt am Ortseingang bei km 35 überholte mich Marcus. Mir war klar, dass ich ihn dieses Jahr nicht wieder "einfangen" könnte, viel mehr müsste ich aufpassen, nicht noch nach hinten durchgereicht zu werden. Für die km 34 + 35 hatte ich zusammen knapp 16 Minuten gebraucht, damit kann man nicht gewinnen.

Mit Marcus und Jan

Ein großes Kompliment an die Organisatoren, die Stimmung ist immer ganz wunderbar entspannt. Als Siegtrophäen gibt es Medaillen und einen kleinen Pokal.

Dorfplatz Piesau, nah am Rennsteig

Hierhin kommt man immer wieder gern zurück. Bin natürlich sehr froh, dass der Fuß so gut durchgehalten hat und außerdem war es die Marathonpremiere meines neuesten Schuhkaufs. Bin äußerst zufrieden mit dem Brooks Green Silence (49 Euro) - ein Leichtschuh aus Recyclingmaterialien.


Montag, 16. Juli 2012

Bericht vom Reichenbacher 24-h-Lauf am 14.07.2012

Kurzinfo:
Wechselhaftes 24-h-Debüt, Rennabbruch meinerseits nach 19 Std. mit 150 km auf der Uhr

Bericht:
Es ist Samstagmorgen, 10 Uhr. Der Wetterbericht für die kommenden 24 Stunden klingt gar nicht schlecht: überwiegend trocken mit knapp 20 Grad. Die vergangene Nacht verbrachte ich im Zelt, direkt im Stadion am Wasserturm, wo auch bereits ein paar der 11 Staffeln und 40 Einzelläufer ihre Basislager aufbauten.
Ich fühle mich topfit, seit Tagen kann ich es kaum erwarten, mal wieder die Laufschuhe zu schnüren (war 'ne fast lauffreie Woche).


Das Stadion am Wasserturm in Reichenbach

Wir starten pünktlich und es herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre, der Stadionsprecher ist richtig gut drauf. Unser "Auslauf" für die nächsten 24 (nochmal: VIERUNDZWANZIG) Stunden ist ein 1,197 km langer Rundkurs um den Wasserturm inkl. Stadionrunde. Völlig gegen meine Gewohnheiten schlagen wir vernünftigerweise ein Tempo von ca. 5:30 - 7 min/km an, manche beginnen sogar schon gehend!

Um über Sinn oder Unsinn einer solchen Veranstaltung nachzudenken, ist es nun zu spät. Also beschäftigen wir uns miteinander (nette Gespräche), mit den Anwohnern (wir laufen u.a. an den Altglascontainern vorbei, so sieht man hin und wieder auch normale Menschen) und uns selbst (wieviele Runden hab ich? wo steh ich?). Langweilig ist es eigentlich nur mal so nach 2-3 Stunden, nachdem man die meisten Mitläufer hinreichend oft gesehen hat, alle Nummernschilder der am Streckenrand geparkten Autos auswendig kennt, von jeder der leckeren Speisen am Versorgungspunkt mal probiert hat und die idealste Ideallinie der Strecke erkundet hat. Als dann aber regelmäßig Zwischenstände gemeldet werden, kann man sich herrlich ablenken, indem man die Mitläufer ein wenig genauer beobachtet und sich so langsam auch mal dem eigenen Befinden widmet.Mein Plan ist, das Rennen in vier 6-h-Läufe einzuteilen und dabei folgende km zu absolvieren:

1. Abschnitt: 60 km mit 6er Schnitt
2. Abschnitt: 50 km mit 7,2er Schnitt
3. Abschnitt: 40 km mit 9er Schnitt
4. Abschnitt: 30 km mit 12er Schnitt

Dies ergäbe also 180 km. Natürlich fehlen hier sämtliche Pausen und Unwägbarkeiten, aber ich kann doch bereits nach 101 km stolz sein, denn so eine Distanz lief ich noch nie (=Minimalziel)!
Als wirklich glücklich könnte ich mich schätzen, wenn ich den Dreifachmarathon schaffe, also 126 km (realistisches Ziel).
Und gigantisch wären die 100 Meilen (161 km) - na mal sehen!
Außerdem will ich von Anfang an essen, möglichst alle 2 Runden eine Kleinigkeit aus dem reichhaltigen Angebot. Diesen Plan kann ich heute tatsächlich gut in die Tat umsetzen. Nach 6 Stunden liege ich mit 62 km in Führung und fühle mich gut. Planmäßig wechsele ich jetzt von meinen leichten Brooks PureConnect in die "Kampfstiefel" (Lunge C-Dur), um meinem Laufapparat orthopädisch eine maximale Abwechslung bieten zu können und damit einseitigen Belastungen vorzubeugen.

heute mal nicht verlaufen...

Nach 10 Stunden fühle ich mich aber in den Lunge nicht mehr wohl und unterbreche den zweiten 6-h-Abschnitt also (immernoch auf 1 liegend mit 97 km) für eine 15-min-Massage mit anschließender zehnminütiger Essenspause. Der Masseur meint, er kann keine muskulären Probleme bei mir feststellen - das beruhigt doch!

Durch die längere Pause und den stärker werdenden Belgier Dhooge (Sieger 2010 und Favorit heute) rutsche ich zur Halbzeit nach 12 Stunden auf Platz 2 mit 110 km. Doch damit bin ich voll in meinem Plan und dies hier ist für mich ohnehin nur ein Experiment.Leider werden nun die Gehpausen häufiger, ich spüre einen leichten Schmerz im linken Fuß. Zwar liege ich nach 14 Stunden (also um Mitternacht) noch auf Rang 2 mit 121 km, aber ich mache kaum noch Strecke. Kann ich mein Maximalziel von 100 Meilen heute wenigstens erwandern? Es wäre traumhaft!
Als mich jedoch kurz vor 2 Uhr ein Müdigkeitseinbruch in den Campingstuhl zwingt, sinkt mir der Mut. Immerhin liegen bereits 3 Marathons hinter mir...
Nein, irgendwie hab ich immer noch Bock auf diese Veranstaltung hier. Es will einfach keine Resignation aufkommen - mein Ziel ist ja zum Greifen nah! Nur irgendwie hätte sich der Kopf ein kurzes Nickerchen gewünscht, um die Abgrenzung von Samstag zu Sonntag zu realisieren.
Die nächtliche Kälte zwingt mich aber nach 20 min wieder hoch, rein zeitlich hätte ich mir eine Stunde Schlaf locker gönnen können.
Unter stärker werdenden Schmerzen kann ich nun noch einmal "Gas geben" und mit einem Schnitt von 6:30 min/km sogar den Belgier nochmal überholen, der das ganze Rennen scheinbar isoliert und wie in Trance abzuspulen scheint - leicht und beständig läuft er wie eine Maschine zum Sieg.
Gegen 5 Uhr morgens ist dann aber Schluss, aus der selbst verordneten Pause folgt nach längerem Nachdenken der Rennabbruch für mich. Auch wenn ich nach Abgabe des Chips und Entfernen der Startnummer ein paar heimliche Tränen vergieße, so bereue ich diesen Entschluss letztlich nicht. Ich verlasse "die Arena" noch immer auf Rang 2 liegend nach 19 Stunden und exakt 149,9 km (150 m vor der nächsten Rundenzählung - wie doof). Dhooge gewinnt das Rennen souverän mit 213 km.
Mittlerweile habe ich schon mein Außenband im linken Fuß als Verursacher der Schmerzen ausgemacht, es ist leicht angeschwollen. Nun heißt es duschen gehen, 30 min schlafen (mehr geht nicht), dann Beine hoch und die anderen anfeuern, die tapfer ihre Runden ziehen. Viele drehen nach 20 Stunden noch mal richtig auf - Respekt und Glückwunsch an euch!!

Sonnenbrand & Platz 2 der AK, Foto: Steffen Barth

Als Fazit ist vielleicht folgendes festzuhalten:
Der Plan war gut, Kreislauf und Kopf funktionierten fantastisch!
Der Schuhwechsel war unnötig und vielleicht der entscheidende Fehler!
Mein relativ hohes Läufergewicht begünstigt Schäden durch Dauerbelastung trotz geringer Laufntensität.

Jetzt, einen Tag später, bereue ich nur, die Reißleine nicht 1-2 Stunden eher gezogen zu haben. Ich habe zwar gar keinen Muskelkater (ein tolles Gefühl), aber Sprunggelenk und Außenband links sind lädiert. Befund dann am Mittwoch (MRT-Termin)

Montag, 9. Juli 2012

Bericht vom thüringenULTRA am 07.07.2012

Kurzinfo:
Auch dieses Jahr nur Bambinilauf (2x50km), da war der Sieg sicher :-) Zielzeit: 8:19 h

Bericht:
Da mein offizieller Bericht für die Laufszene Thüringen online ist, hier nur ein paar Ergänzungen. Ich hatte heute mit massiven Magen-/Darmproblemen zu kämpfen und musste SEHR oft einen unfreiwilligen Stopp im Wald einlegen (wer wollte das jetzt wissen?).
Als mein Kompagnion Micha Tümmler mir den wachsenden Vorsprung auf die nächste 2x50km-Staffel mitteilte, beschlossen wir, heute nur das Nötigste zu machen, um den Sieg einzufahren. Ich weiß, ist jetzt nicht gerade die ehrenvollste Rangehensweise für so einen tollen Lauf, aber immerhin steht nächste Woche der 24-h-Lauf im Plan und mir gings heute wirklich nicht besonders.
Echt cool war, dass Ingmar Herrmann auch nach Fröttstädt kam und hier gleich mal den dritten Platz in 9:02 h auf 100km einfuhr. Auch Ecki Seher war so frei, heute mal 100 Meilen zu laufen - autonom! Er war nach starken 20:23 h im Ziel.
Der Sieger über die 100k war heute Marcus Baldauf, den ich letzten September beim Saale-Rennsteig-Marathon knapp schlug. Er hat heute nix anbrennen lassen bei seinem ersten Hunderter - saustarke Leistung!

stressfreier Plausch mit Andre Fischer bei km 26

"Hero" Hirofumi Oka kurz vorm Ziel

Ingmar und Micha

Fröttstädt ist Thüringens Ultra-Herz!

Ecki Seher am Start seiner 100 Meilen 

Na, was soll ich sagen - die Stimmung war wieder Weltklasse in Fröttstädt! Andreas Pautzsch war auch hier, Andre Fischer von der Siegerstaffel 4x25 war auch dabei und schließlich ein Talent aus dem fernen Halle\Saale Japan: Hirofumi Oka, der Seriensieger der 100km von Leipzig! Ein sympathischer Kerl (Dr. der Physik), ambitioniert und heute auf dem zweiten Rang. Noch mag er keine Berge, aber er versprach wieder zu kommen. Nächstes Jahr wird er sich hier vielleicht ein Duell gegen einen der alten Veteranen liefern (Hardenack, Lynas, Vanicek) - ich freu mich drauf!

Nun haben wir also den Sieg aus dem Vorjahr verteidigt und je einen Pokal nach Hause geschleppt. Wie wird es zum 7. thüringenULTRA in 2013 weiter gehen? Aktuell hätte ich Lust auf die 100, aber ob das in den Plan passt, weiß ich heute noch nicht.


Donnerstag, 28. Juni 2012

Bericht vom Zugspitz-Ultratrail am 23.06.2012

Kurzinfo:
Hochalpine Zugspitzumrundung, überwiegend ein Gewaltmarsch über echte „Trails“ auf echte Berge. Einhundert brutale km mit 10840 hm (je 5420 auf- u. absteigend). Gesamtplatz 37 von 299 Finishern (ca. 390 gestartet). Glücklich, es in 16:18:50 h überhaupt geschafft zu haben.

Bericht:
In schneller Folge reihen sich diesen Sommer die Wettkämpfe aneinander. Noch vor 14 Tagen im gleichmäßig schnellen Marathontempo erfolgreich, soll dieser Kurzurlaub an der deutsch-österreichischen Grenze nun ein völlig anderes Erlebnis werden. Start- und Zielpunkt dieses Laufes um das Wettersteingebirge inkl. Zugspitze ist der Ort Grainau, südlich von Garmisch-Partenkirchen.

Der ZUT wird vom professionellen Veranstalter PLAN B in Kooperation mit Salomon organisiert, entsprechend hochwertig ist das Startpaket: Ein ordentlicher Laufrucksack von Salomon (Modell XA20, der sofort zum ersten Einsatz kommt), 20-Euro-Gutschein für einen lokalen Sportausstatter (nicht verwendet), Kartenmaterial, Nahrungsergänzungsmittel, diverse Kosmetik-Probierpäckchen, Finishershirt im Ziel, Startnummernband, etc. – ein gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis für 110 Euro Startgebühr.

Höhenprofil


Es wurde folgende - für diesen alpinen Höllenritt angemessene - Pflichtausrüstung vorgeschrieben:
- lange wasserfeste Überbekleidung
- warmes Shirt
- Mütze & Handschuhe
- Notfallausrüstung (Erste-Hilfe-Set, Rettungsdecke, Pfeife)
- Stirnlampe inkl. Ersatzbatterien
- Mindestens 1,5 Liter Wasserbehälter
- Personalausweis, Handy

Allerdings wurde ich nicht kontrolliert, auch andere scheinbar nicht oder sehr selten.

Der Start erfolgt am Samstagmorgen um 7:15 Uhr bei bestem Wetter. Etwa 400 Ultratrail-Läufer verlassen Grainau, zunächst angeführt von einer bayrischen Trommlerkapelle und unter dem Jubel vieler Zuschauer. Da ich fast ganz hinten heraus starte, gestalten sich die ersten Kilometer als gemütliches Eintraben in enger Gesellschaft, da es sogleich auf schmalen Pfaden bergan geht. Die Wege sind schon jetzt derart steil, dass an ein Rennen oft gar nicht zu denken ist. WAS HABE ICH MIR EIGENTLICH DABEI GEDACHT, HIER UND HEUTE MEINEN ERSTEN HUNDERTER ZU BESTREITEN???

Nach 2,5 Stunden sind Shirt und Hose klitschnass geschwitzt, ich quäle mich unter Einsatz meiner Stöcke eine Ski-Abfahrtspiste hinauf – und habe gerade mal schlappe 18 km absolviert! Endlos können sich 100 horizontal gemessene Meter ziehen, wenn man sie bergauf steigen muss. Und zehn Mal diese Mühen bringen gerade mal einen einzigen Kilometer! Und davon will ich heute Einhundert schaffen??!


Der Großteil der bunt gemischten Läuferschar (aus über 20 Nationen) schreitet ebenso konzentriert voran, die Hälfte verwendet Stöcke. Lediglich beim Schuhwerk ist festzustellen, dass meine löchrigen Saucony Jazz (gekauft 2008, mindestens 5500 km auf dem Buckel) heute wohl nicht die richtige Wahl sind. Ich muss mir eingestehen, dieses Abenteuer unterschätzt zu haben, insbesondere die Bodenbeschaffenheit. Hier gibt es selten mal echte Wege, meist „laufen“ wir auf Geröll, im Matsch, durch Bäche, über Schneefelder, nasse Wiesen.

Nach 4,5 Stunden und nur 30 km (!!!) erreichen wir eine Höhe von über 2200 Metern, der kalte Wind kann uns diese traumhafte Aussicht hier oben nicht verderben – wunderschön! Wir sind weit oberhalb der Baumgrenze, Wolken hängen in den Bergen, im Tal unter uns die verwegene Brut bunter Ultraläufer. Wie ich später erfahre, liege ich etwa an Position 50, aber das ist mir jetzt egal. Nur zügig wieder runter von dieser Höhe! Das Bergablaufen (oft ist es ein Steigen) ist für die Flachländer-Muskulatur eine ungewohnte Belastung und bald regen sich Schmerzen an bisher unbeachteten Stellen, z.B. den Innenseiten der Oberschenkel.

Hin und wieder überqueren wir steile Schneefelder, natürlich rutsche ich anfangs sofort aus und gehe zu Boden, verliere meine Stöcke, rutsche nach unten ab, sitze nach ein paar Metern halb schneebedeckt mit einem Krampf recht hilflos da und spüre einen gewissen Anflug von … Ungewissheit. Krampf wegdehnen! Aufrappeln! Schnee abputzen! Stöcke einsammeln! Weiter, bloß nicht auskühlen!

Hier und jetzt ist der falsche Zeitpunkt, um mit den vergangenen Entscheidungen zu hadern. Warum verflucht dieser Lauf? Warum zur Hölle diese Schuhe? NEIN! Hier und jetzt sammle ich schlicht Erfahrungen für die Zukunft und bin nun einzig in der Lage, demütig und zäh meinen Weg zu gehen. Wann kommt die nächste Versorgungsstation? Welcher Umgang mit den Stöcken hilft mir bergab am meisten? Was werde ich essen und trinken?

Den zerbrochenen Stock in der Linken

Nach 7 Stunden und 46 km bin ich meist allein unterwegs, verbrauche meine 2 Liter Wasser immer vollständig vor der nächsten Station, obwohl es hier ca. alle 9 - 14 km eine gibt. Es ist sehr warm, aber das empfinde ich als angenehm heute. Die Krämpfe werde ich zwar nicht mehr recht los, aber meinen Rhythmus habe ich gefunden. Leider werde ich mit Sicherheit in die Nacht hinein laufen, das wollte ich irgendwie vermeiden. Doch hier gelten andere Gesetze, ich will nur noch gesund ankommen.

Einmal rutsche ich auf schlammiger Wiese aus, lande auf dem Hintern, zerbreche mein Salzdöschen, zerstöre einen meiner Stöcke und habe dennoch Glück gehabt – ringsum liegt überall felsiges Geröll, ein Aufschlag dort und der Lauf wäre für mich vorbei. Den kaputten Stock nehme ich mit zur nächsten Station, der hat in der Natur nichts verloren.

Andreas Pautzsch gab mir vor einer Woche den Tipp, unterwegs von der Möglichkeit des Schuh- und Kleiderwechsels Gebrauch zu machen. Nach 55 km war es soweit, ich machte eine längere Rast, aß ordentlich und wechselte Socken und Schuhe. Was für eine Wohltat - das wirkte echt Wunder!

Bedauerlicherweise folgt meiner „Fressorgie“ eine längere Flachstrecke, die man einfach rennen muss! Das Essen schaukelt sich durch meinen Magen, jetzt hätte ich eine Bergwanderung bevorzugt – na egal.

Zwischendurch überholt man den einen oder anderen Läufer, um dann (z.B. an einer Station) wieder von diesem überholt zu werden. Bäumchen-wechsel-dich-Spiele um sich zu motivieren. Mit einem besonders netten Exemplar werde ich die nächsten Stunden gummibandmäßig „zusammen“ unterwegs sein: Ingmar Herrmann aus Berlin.

Um mich zu motivieren, sagt er, wir hätten ja nur noch einen Halbmarathon vor uns. Leider stehen wir aber erst bei km 67. Als kleinen Ausgleich für den Motivationsdämpfer, den ich ihm verpasse, als ich ihm dies sage, laufen wir nun erstmals auf das Feld der Supertrailläufer auf. Diese 68-km-Läufer starteten im Leutaschtal, welches wir eben durchliefen, und haben das gleiche Ziel wie wir. Es tut der geschundenen Seele gut, hin und wieder einen Läufer zu überholen, ihn zu grüßen, von ihm angefeuert zu werden.

Nach 12,5 Stunden sind nun 81 km geschafft. Das war die Distanz der Brockenchallenge im Februar, mein bisher „größter Wurf“ – jetzt folgt Neuland. Uns erwartet der heftigste Anstieg des gesamten Laufs: 1200 ansteigende Höhenmeter am Stück, hoch zur Alpspitze auf über 2000 m.

Nach 13 Stunden und 85 km gibt mein Garmin Forerunner den Geist auf. Eigentlich hätte er länger halten sollen, vielleicht hat der geladene ZUT-Kurs dem Akku stärker zugesetzt als es normalerweise der Fall wäre. Von jetzt an also ohne Uhr und km-Angaben. Hab das eh kaum genutzt heute und der Kurs ist vorbildlich markiert.

An der Station 400 Höhenmeter unterhalb der Alpspitze treffe ich kurz Falk Hübner aus Berlin, mit dem ich „gemeinsam“ auf dem Rennsteig an der 6-Stunden-Marke scheiterte. Hinterher erzählt er mir, dass er in Vorbereitung solcher Läufe wie dem ZUT gern mal drei Marathons an drei Tagen hintereinander läuft – oh man! Falk war bereits auf der Alpspitze oben und ist nun bereits gut gelaunt auf dem finalen Abstieg, er ist heute gut 1,5 Stunden schneller als ich.

Kurz vorm Verlassen der Station fange ich spontan an zu frieren, ich zittere wie Espenlaub, ziehe mir schnell meine Jacke drüber und die Fleecekapuze. Weiter, nicht auskühlen! Will nicht so enden, wie manche, die entkräftet hier in Rettungsdecken gewickelt ihrer Abholung harren. Auch die Stirnlampe wird startklar gemacht, immerhin bricht so langsam die Nacht herein.

Während des Gewaltmarsches nach oben holt mich Ingmar wieder ein, der Teufelskerl hat noch Kraft, bergauf zu rennen und wir freuen uns, dass wir bis hierher ganz gut durch kamen.

Als wir endlich oben sind, realisieren wir die verbleibende Gefällstrecke von 10 km bis Grainau nur noch als „Rest“. Ich spüre wieder eine riesige Energie in mir, knipse die Stirnlampe an und steige/trabe gut gelaunt dem Ziel entgegen, muss sogar meinen Übermut bremsen und das Tempo drosseln, um nicht auszurutschen – hier ist das definitive Ende des Laufs jederzeit zum Greifen nahe, wenn man hart zu Fall kommt.

Nur noch 3 km! Es sind nun bereits 16 Stunden vergangen, es ist nach 23 Uhr. Das glimmende Grainau liegt wunderschön unter uns. Ich fühle mich federleicht! Leider lande ich doch noch einmal unsanft auf dem Boden, berappel mich aber schnell wieder und lege auf den letzten 2 km auf flachem Asphalt einen wahren Sprint hin! Jubelnde Zuschauer, der Weg mit Fackeln markiert, Lautsprecheransagen vom Zielbereich her – was für ein großartiges Finale!

Schmutzig und fertig, aber sehr glücklich

Nach 16:18:50 Stunden ist nun Schluss, viele Läufer werden erst ankommen, wenn ich bereits am nächsten Morgen wieder aufstehe, Zielschluss ist erst gegen 9 Uhr morgens – Respekt für alle, die dieses Ding durchstehen!!

Meine Erkenntnisse des Tages:
- Ein Flachländer braucht keine 5420 Höhenmeter zum Glücklichsein
- 100 km sind durchaus machbar
- Wer Trails läuft, braucht Trailschuhe
- Wer Marathon läuft, kann auch 16 Stunden (und mehr?) laufen

Der eigentliche Grund für meine Teilnahme an genau diesem Lauf war das Sammeln von 3 Qualifizierungspunkten für den UTMB. Doch ich habe am Samstag meine Meinung geändert, möchte den UTMB nun bis auf Weiteres nicht laufen. Alles hat seinen Reiz, besonders natürlich die Alpen. Aber alles hat eben auch seinen Preis. Da ich nicht hinreichend alpin trainieren kann, wäre der UTMB eine Quälerei für mich und würde mich von anderen Zielen ablenken, die mir vielleicht eher liegen.

Montag, 18. Juni 2012

Bericht vom Rennsteig-Etappenlauf am 16.06.2012

Kurzinfo:
Nu Pagadi! - Die Wölfe fingen so manchen Hasen,
man sah sie lachen und schwitzen und rasen!

Bericht:
Mit hungrigen Herzen und müden Knochen waren die Wölfe von Nu Pagadi um 6 Uhr in Blankenstein am Start, um 236 Hasenstaffeln ins etwa 170 km entfernte Hörschel zu jagen.
Als scheue Waldbewohner taten sie sich schwer beim Verlassen des Waldes, vor allem weil draußen die unbarmherzige Sonne lauerte und dem altersweisen Isegrim so manche Schweißperle auf den Pelz malte. 

Dank kluger Rudeltaktik war aber Wasser auf Rädern stets zu Stelle, wenn den Wolf der Mut verließ und weit und breit kein Häschen mehr zu sehen ward.
Den einzigen Gegener, den sie klar schlugen, war der Regen. Unter Einsatz allen meteorologischen Wissens, welches in einem erfolgreichen Rennsteigjahrzent von "Nu Pagadi" gesammelt wurde, gelang dieses Ausweichmanöver.
Etwas aus dem Blick geriet dabei der erhoffte Zieleinlauf um 20 Uhr, das verbissene Ziel der wilden Rotte. Doch weil auch viele Hasen heute vom Wettergott noch ärger bedrängt wurden als von den Wölfen, gelang das Zauberstück: Langsamer laufen = besser platzieren.
Nur 40 Hasenfamilien konnten so entrinnen - das Wolfsgeheul stets drohend im Genick!
So endete das Jagen nach 14:12 h, aber wartet nur Hasen - nächstes Jahr kriegen wir euch alle!


Sie pfeifen auf den Stein der Weisen: NU PAGADI


Mittwoch, 13. Juni 2012

Bericht vom Skatstadt-Marathon am 09.06.2012

Kurzinfo:
Etwas zu warm, dafür aber tolle Stimmung in ABG. Überraschender Gesamtsieg in neuer Bestzeit von 2:51:12 h!

Bericht:
Die rührigen Organisatoren des Skatstadtmarathons haben am Vorabend wieder eine Laufgröße in den Goldenen Pflug geladen, diesmal Waldemar Cierpinski. Nachdem wir in bester Stimmung unsere Startunterlagen holten und aßen, hingen wir gespannt an Waldemars Lippen. Der sympathische 61-Jährige spricht in kleinen Anekdoten über Training, Olympia und persönliche Erlebnisse. Er ist ein wahrer Champ, bodenständig, klug und immer das Ziel im Blick. Seine Autogrammkarte werde ich in Ehren halten.
Ich bekam ganz nebenbei die hohen Erwartungen an meine eigene Leistung zu spüren, als Favorit wurde ich zuvor bei noch keinem Rennen gehandelt. Favoriten können eigentlich nur verlieren. Je mehr sie sich diese Rolle annehmen, desto wahrscheinlicher wird die Niederlage. Ich sehe mich ganz sicher nicht als Favorit. Zum Einen, weil ich meine Leistung -verglichen mit den Siegerzeiten der Vorjahre- realistisch einschätze und zum Anderen, weil ich lieber mental "hungrig" an den Start gehe.
So kann ich auch entspannt schlafen und das Rennen in Ruhe durchträumen (ich werde Zweiter in 2:56 h). Ein warmer Tag kündigt sich an, viel zu warm für einen schnellen Marathon. Für das "Ereignis Skatstadtmarathon" ist es traumhaft und wohl verdient. Die Anmeldezahlen übersteigen heute die Marke von 2800 - das ist Wahnsinn für eine Stadt wie Altenburg und neuer Rekord! Irgendetwas machen die Jungs und Mädels vom ausrichtenden Kanuverein (KLV) anders als andere. Wahrscheinlich sind es die vielen Kleinigkeiten, die diesen Lauf so freundlich machen und aus der Masse abheben.
Fast eine Stunde vor dem Start bin ich im Pflug, trinke viel, laufe mich locker ein, beobachte die Sonne mit einem freudigen und einem besorgten Auge. Viel zu warm... Es scheint für viele Menschen befremdlich zu sein, wenn halbnackte Männer schwitzend an der eigenen Haustür vorbei rennen. Diese Erfahrung habe ich bereits in Erfurt und Gera gemacht, daher beschließe ich wider alle Vernunft, MIT T-Shirt zu laufen. Aus Anstand und so. Außerdem will ich das Shirt mit dem Aufdruck "Team Skatstadtmarathon" nach so vielen Ausflügen in der Region auch endlich mal in Altenburg tragen.
Am Start, den ich viel zu spät erreiche, sehe ich Steven Michel. Ihn traf ich 14 Tage vorher schon mal beim Training im Stadtwald, er ist mein Favorit für heute. Wahrscheinlich wird er den Streckenrekord angreifen. Auch unterhalte ich mich mit dem Hünen Carsten Hennig -dem Vorjahresdritten-, der leider nicht so viel Zeit zum Trainieren hatte. Es sind bereits hunderte Zuschauer auf dem Markt, die Stimmung ist fröhlich-gespannt. Pünktlich um 9 gibt Bürgermeister Wolf den Startschuss und wir jagen davon!
Eine schnelle Fünfergruppe setzt sich gleich ab, Steven an der Spitze. Nach den guten Erfahrungen auf dem Rennsteig, die ich mit dem Konzept "ruhiger Start = langer Atem hintenraus" gemacht habe, bleibe ich zurück und laufe kontrolliert mit einem Schnitt um die 3:55 min/km auf den ersten km.
Es zeigt sich, dass die Jungs offenbar zu schnell starteten, kurz vor dem ersten V-Punkt habe ich bereits drei überholt und bin selbst bereits recht klamm und durchgeschwitzt. Mein Shirt lasse ich hier mit der Bitte, dieses beim KLV abzugeben, was auch prima klappt. Kurz darauf bin ich auf dem zweiten Rang und gewinne Abstand - nach vorn und nach hinten. Es ist nun das erwartete Rennen: Steven liegt auf Rekordkurs, ich versuch die 3 Stunden zu knacken. Hin und wieder nehme ich etwas Tempo raus, wenn es zu scharf wird.

km 30, ein warmer und schöner Tag, Foto: Andreas Pautzsch

Nach den Kilometern an der Umgehung und der musikalischen Umrahmung unter der "Honda"-Brücke bei km 11 erreichen wir nach knapp 12 km wieder die Stadt, auf den Straßen, in den Gärten feuern uns die Anwohner an. Es war eine kluge Entscheidung der Organisatoren, dieses Mal etwa alle 2,5 km einen Versorgungspunkt einzurichten - die Sicherheit, bei dieser Wärme ausreichend Getränke zur Verfügung zu haben, ist Gold wert. Gegessen habe ich heute gar nichts, nur vier Gels weggelutscht.
Die vielen kleinen Anstiege auf häufig wechselndem Untergrund erfordern volle Aufmerksamkeit auf dem Stadtteil der Strecke, dafür wird man durch die vielen positiven Eindrücke nach vorn getrieben. Besonders in Erinnerung blieb die fette Musik auf dem Anstieg zum Schloßpark (ich hatte Tränen in den Augen) und die rot gekleideten Spielleute oben im Park - so viel Adrenalin schon nach 19 km!
Als wir den Markt überqueren, um in die zweite Runde zu starten, beträgt Stevens Vorsprung geschätzte 3-4 Minuten, meine Zeit etwa 1:24 h, ausreichend Polster für die 3-Stunden-Grenze. Im Schnitt waren es 4:00 min/km, angepeilt waren 4:10.
Auf der zweiten Runden befinden sich viele Walker und Läufer anderer Distanzen auf der Strecke, diese sind durchgängig rücksichtsvoll und nett, es gibt keinerlei Behinderungen. Viele feuern mich sogar an - danke an alle, ich konnte leider nicht immer antworten. Manche rufen mir auch den Rückstand auf Steven zu. Das sind natürlich alles nur Schätzungen, aber offenbar beträgt der Abstand schon 6 Minuten. Als zwei Walker rufen, der Erste hätte Seitenstechen, halte ich das für einen gut gemeinten Scherz, um mich anzuspornen. So rolle ich halbwegs kraftvoll dahin, bei km 30 treffe ich wieder Andreas Pautzsch, er meint, dass Steven nur noch knapp vor mir sei, obwohl ich ihn nicht sehe. Hey Leute, ich lauf doch schon schnell, ihr braucht mich nicht noch mehr zu motivieren!! :-)

Dem Ziel entgegen, Foto: Klaus Duwe

Aber Andreas hat Recht, bei km 31 ist die Radbegleitung des Marathonführers auszumachen, langsam schließe ich auf und kann Steven überholen. Der Radfahrer bleibt nun bei mir und hupt und ruft mir den Weg frei! Aber er gibt auch ein zügiges Tempo vor, unwillkürlich will man ihn einholen. Reiß dich zusammen, laufe deinen Stil! Danke an den Radler, diese Aufgabe kostet sicher eine Menge Konzentration und Feingefühl.
An der Wendestelle am Weißen Berg (km 36,5) sehe ich keinen unmittelbaren Verfolger, brauche kein volles Risiko zu gehen. Auf den letzten 5 km durch die Stadt grüßen und rufen die Altenburger, "Mit"-läufer klatschen, die Musik gibt einen trommelnden Takt vor - was für ein tolles Gefühl in dieser großartigen Atmosphäre!
Während des Zieleinlaufes auf den letzten 100 Metern habe ich den ersten und einzigen Krampf des Laufes. Dies nur als Erklärung für das recht martialische Zielfoto in der OVZ :-)


Finito  Foto: Kurt Egermann

Zweiter wird in 3:09 h Jahn Volker aus Leipzig-Leutzsch, Dritter Alexander Vieth aus Hohenstein in 3:10 h.
Nach dem Lauf fühle ich mich keineswegs platt, erhalte sogar eine Massage und kann noch duschen, bevor die Siegerehrung beginnt. Es sind so viele Preise, dass man sie kaum transportieren kann - danke an alle Sponsoren!
Der größte Dank aber gilt dem KLV. Leute, ihr seid irre! Wenn ihr jedes Jahr die Superlative des Vorjahres noch übertreffen wollt, wo soll denn die Reise noch hingehen? Organisatorisch ist nach oben kaum noch Luft, die Stimmung dank Stefan Bräuer und den Bands/Spielleuten suuuuper.

D A N K E  -  D A N K E  -  D A N K E

Euer Botschafter (auch 2013)

Samstag, 19. Mai 2012

Bericht vom Rennsteig-Supermarathon am 12.5.2012

Kurzinfo:
72,7 km entlang des Rennsteigs, ca. 1500 hm, konnte meine erhoffte Zielzeit von 6:45 Std. um 45 min unterbieten dank ruhiger Anfangsphase. Nettozeit 6:00:10 Std., Platz 28 von 2499 Finishern (Platz 5 AK30) - glücklich!!

Bericht:
Nach dem Halbmarathon 2007 (meinem zweiten Lauf überhaupt) und dem Marathon 2008-2011 auf dem Rennsteig ist es nun an der Zeit, mal etwas Neues zu probieren - den 72,7 km langen Supermarathon von Eisenach nach Schmiedefeld!
Obwohl dies nach Brockenchallenge und Harzquerung bereits mein dritter Ultra dieses Jahr ist, so ist der Rennsteig doch immer etwas ganz Besonderes. Es ist dieses symbolträchtige Verlassen der Stadt, dieses Eintauchen in den Wald (den man 72 km nicht verlässt), dieses Bezwingen der höchsten Gipfel (Inselsberg + Gr. Beerberg), dieses riesige Feld nicht ganz alltäglicher Ultraläufer bei einem Wettkampf, der über die letzten 40 Jahre wie ein Fels in der Brandung stand. Es ist eine tiefe Freude, Teil des Rennsteiglaufs sein zu können.
Im Vorfeld kann man sich natürlich ziemlich verrückt machen oder man möchte einfach nur locker ankommen. Die meisten Läufer gehören wohl eher zur zweiten Gruppe, ich dagegen rechne hundert Mal hin und her und stell' mir viele Fragen: Wie viele Höhenmeter sind es wirklich? Defensiv starten oder den kühlen Morgen zum zügigen Laufen nutzen? Was essen und trinken? Welche Durchschnittsgeschwindigkeit auf welchem Streckenabschnitt anstreben?
Meist bleiben allerdings die mühsam erworbenen, theoretischen Erkenntnisse auf den ersten Kilometern meines Laufes liegen, so z.B. bei der Harzquerung vor 14 Tagen. Ich startete zu schnell, musste nach zwei Dritteln der Strecke schon die Reserven zusammenkratzen und war im Ziel sehr erschöpft. Vielleicht kam dieser Warnschuss gerade recht, denn heute werde ich es anders machen. Daher noch ein wenig Rechnerei:
Mein schnellster Rennsteig-Marathon war 2010 in 3:33 Std., das entspräche für 72,7 km ziemlich genau 6 Stunden. Meine Zeit aus der Harzquerung war 4:10 Std. für knapp 50 km, das entspricht -auf 72 km hochgerechnet- ebenfalls exakt 6 Stunden.

Endlich Dieter getroffen am Start in Eisenach


Zu diesen sechs Stunden muss ich nun noch einen "Erschöpfungszuschlag" und einen "Höhenmeterbonus" addieren. Lange Rede, kurzer Sinn, ich strebe eine 6:45 Std. an plus/minus 15 Minuten, je nach Wetter.
Meine Renntaktik diesmal: Endlich mal die Renntaktik einhalten!! :-)
Das heisst für heute, gemächlich starten (es geht die ersten 25 km bis zum Inselsberg nur bergauf) mit einer Pace von ca. 5:20 bis zum Gipfel. Danach das zweite Drittel zügig (ca. 4:30er Pace) und danach noch Kraft haben für den "Endspurt" ab Beerberg.
Glücklicherweise ist es kühl an diesem Morgen auf dem Eisenacher Marktplatz, die Hitze des Vortages hätte heute alle Hoffnungen zunichte gemacht. Die letzte Nacht war leider wenig erholsam, in der Turnhalle brannte die ganze Nacht das hellste Licht, jeder versuchte, seine Augen zu bedecken, dazu viel Bewegung im Raum etc. Naja, ein paar wenige Stunden Schlaf werden es schon gewesen sein. Vermutlich spielt die letzte Nacht gar keine so große Rolle mehr, wir Laufmenschen sind so fixiert, so gut vorbereitet, so "heiß", dass jede Müdigkeit an der Startlinie verfliegt.
So stehen wir nun hier, ich treffe mehr als ein Dutzend bekannter Läufer, viele vom Etappenlauf, begrüße Dieter aus Leipzig, der seine Gabi als Verpflegungsposten, Fotoreporterin und Motivationskünstlerin schon strategisch günstig an der Strecke aufgestellt hat.



Die Läuferschar ist heiß und gut gelaunt

Nach dem Startschuss brauche ich etwa 30 Sekunden bis zur Linie, so weit hinten stehe ich. Ein Beweis für mich selbst, dass ich wirklich langsam starten will - und heute halte ich mich an meinen Plan!
Es geht stetig bergauf und ich laufe locker mit, finde mich langsam in den mir passenden Teil des Feldes ein, werde selten schneller als 4:50 min/km. Das ist relativ betrachtet, im Feld dieser 2600 Läufer, schon sehr zügig und so liege ich bei km 18 (erste Zwischenzeitnahme) etwa auf Platz 45. Den Gipfel des Inselsberges erreiche ich nach 2:04 Std., bin dabei recht viel im schnellen Schritt gegangen und fühle mich stark. Mittlerweile laufe ich mit Leuten in einer Gruppe, welche eine Zielzeit von 6:00 Std. anstreben, für mich ein klares Warnsignal!
Allerdings fühle ich mich gut, esse etwa alle 10 km ein Gel und etwas seltener noch eine Salztablette, da ich trotz der kühlen 8 Grad und nur einem leichten Shirt natürlich schwitze. Ganz allgemein kann das Wetter heute aber nur als "o-p-t-i-m-a-l" bezeichnet werden, kühl und trocken.
Das Stück bis zum Sperrhügel (ca. km 43) lasse ich es gemäß Renntaktik (oh je) einfach laufen, mache hier im Schnitt eine Pace von 4:30 min/km und erreiche km 37 auf Platz 29 liegend. Am Sperrhügel heisst es wieder "schnell hoch gehen" und auch danach muss ich einige Berge gehen und verliere immer mal wieder etwas Zeit. Hier hole ich Micha Tümmler ein, mein eigentliches Ziel seit mehreren Stunden. Wir wollten ungefähr zusammen laufen, aber Micha ließ sich zu Beginn mitziehen. Er war zu schnell gestartet, das passiert fast allen Ambitionierten hier. Ich frage ihn, ob er etwas Salz haben möchte, dann schlappe ich weiter.
Zwischenzeitlich liege ich bei km 54 auf Platz 26, wir Supermarathonis sind jetzt teils von Wanderern umgeben, welche eine sehr angenehme Abwechslung bieten. Teilweise fliegen ein paar schnelle Gespräche hin und her. Mit meinem Körper bin ich zufrieden, merke aber, dass ich das schnelle Bergauf-Schreiten nicht trainiere, hier beginnt es zu zwicken. Alles in allem aber bin ich Herr der Dinge, krauche noch nicht auf allen Vieren, rechne sogar schon meine Zielzeit aus und komme in einem Anflug grenzenloser Überheblichkeit nicht umhin (ganz kurz, nur aufflackernd und schnell wieder verschwindend), eine "5" statt einer "6" dort stehen zu sehen.
Irgendwann auf dem Weg zum Beerberg bei km 60 laufe ich auf einen Inder auf, der überraschend wechselhaft läuft. Mal lässt er mich stehen, mal ziehe ich vorbei. Irgendwann laufen wir zusammen. Er erzählt mir, dass er während des ersten Drittels direkt mit Christian Seiler, dem späteren Sieger, mitlief! Dann hat er sich irgendwie verkühlt und will nun das Beste draus machen. Obwohl es keiner direkt sagt, wollen wir beide jetzt das Gleiche: In unter 6 Stunden in Schmiedefeld sein!

Sieger Seiler (links) und Dritter Stork unterwegs


Der Aufstieg zum Beerberg schlaucht mich sehr und ich werde mehrfach überholt, u.a. von dem AK-Sieger der Harzquerung, welcher dort den Gesamtplatz 2 belegte und ein paar Minuten schneller war als ich. Wir quatschen kurz, er will mich mitziehen, aber ich brauch die Laufpause jetzt.
nach dem Verlassen des Beerberg-Hochplateaus liege ich bei km 64 auf Platz 29 und jetzt heißt es bis ins Ziel nur noch: Feuer frei! Bis Schmiedefeld sind es noch 10 km, dabei verlieren wir 250 Höhenmeter, es ist also eine richtige Rennstrecke für all jene, welche hier noch Kräfte haben. Und heute gehöre ich dazu! Auf den letzten km laufen wir häufig unter 4:00er Pace, fliegen an den Wanderern vorbei, welche klatschen und Mut zusprechen - was für ein herrliches Gefühl!
Zu meiner Überraschung zeigt die GPS-Uhr bereits fernab des Zieles über 71 km an und nur noch 6 Minuten bis zur 6-Stunden-Grenze. Angekommen in Schmiedefeld, habe ich mich mit dem Gedanken arrangiert, dass die 6-Stunden-Marke heute nicht geknackt wird, leichte Enttäuschung will aufkommen (was für ein Quatsch!) aber alle Gedanken weichen beim Einbiegen in die Zielgerade. Der Sprecher ruft meinen Namen, ich gebe Vollgas, klatschende Menschen - es ist wunderschön.

Im Ziel, nur ein wenig enttäuscht

Es fehlen ganze 11 Sekunden zu einer 5-Stunden-Zeit, aber die Strecke ist auch deutlich länger als 72,7 km. Ich gehe "Pi mal Daumen" von 74,5 aus. Bin überzeugt, dass diese fehlenden Sekunden ein wichtiges Zeichen für mich sind.
So, es ist vollbracht! Mein rechtes Knie hat zwar gerade einen Urlaubsantrag eingereicht, aber mit der Anmeldebestätigung für den Supermarathon 2013 in der Hand lehne ich diesen lässig ab.
Ja, das werde ich wieder machen!!





Donnerstag, 3. Mai 2012

Bericht von der Harzquerung am 28.04.2012

Kurzinfo:
50-km-Ultra mit respektablen 1400 Höhenmetern. Der wärmste Apriltag seit Menschengedenken machte mir zu schaffen, erschöpft erreichte ich Platz 5 von 410 in 4:10 h

Bericht:
Man muss es einfach lieben: Allein schon die Webseite der Harzquerung ist altmodischer als Letscho und Alf zusammen. Dann der Preis: 18 Euro für einen Ultra mit Komplettversorgung - wo gibts denn so etwas noch? Dazu gibt es für 4 Euro die Möglichkeit der Turnhallenübernachtung am Startort in Wernigerode, für Zugfahrer einfach unwiderstehlich.
Nach langer Anreise suche ich mir also eine freie Stelle in der Turnhalle, die Matten sind leider alle, es wird ne harte Nacht. Auf dem Weg in die Innenstadt lerne ich Ronny aus Berlin kennen. Wir wollen gerade mal was trinken gehen (Stichwort: Wernigerode-Hasserode), da geraten wir in einen Junggesellenabschied und haben einen Schnaps verschluckt, noch bevor wir "hallo" sagen konnten. Die Jungs sind echt nett, können aber mit der Vorstellung, am nächsten Morgen 50 km nach Nordhausen laufen zu WOLLEN, nicht anfangen. Nach kleinem Abschiedsbierchen trennen wir uns, essen Pizza und gehen bald zu "Bett". Treffe noch Ecki aus Berlin, der Kerl, der unterwegs die besten Fotos macht und die verlorene Zeit locker bergab wieder "einfliegt".
Überhaupt ist die Harzquerung das Sammelbecken vieler Rennsteiglaufveteranen, welche hier für die 72 km einen letzten Leistungstest abliefern.
Vom Start um 8:30 Uhr an geht es erstmal bergauf, wir sind schnell mitten im Wald. Nadelwälder dominieren diese Gegend. Der Untergrund ist schroff.

Höhenprofil
Es ist bereits spürbar, dass es ein warmer Tag wird. Zur Sicherheit nehme ich mir eine Flasche Wasser mit auf den Weg, welche ich gelegentlich auffülle. Irgendwie sind die Beine noch schwer, aber ich hoffe, dass es sich "einläuft". Auf der ersten Hälfte gibt es nur wenige Lichtungen, diese sind aber wiederum sehr windig.

Etwas zu schnell, aber noch gut dabei.

Eigentlich ist für heute ein gemütliches Einlaufen auf der ersten Hälfte mit Steigerung bis Beginn Poppenberg (km 35) geplant, danach Vollgas. Mein Mantra heute "Am Ende stark!".
Doch leider entwickelt sich ab km 5 ein Tempodauerlauf, welcher sehr häufig in einen km-Bereich von 3:30 min - 3:40 min hineinreicht. Das ist viel zu schnell und entsprechend platt erreiche ich den Fuß des Poppenberges auf Gesamtposition 4 liegend. Obwohl ich den gesamten Berg hochgehe (1,5 km), halte ich meine Position. Bei dem gefährlich steilen Hinablaufen des Berges am Harzsüdhang gerate ich in ein riesiges Schlammloch, welches kaum umlaufen werden kann. Ein paar Schritte geht es gut, dann gerät mein Fuß beim Auftreten in eine blöde Lage und sofort verkrampft das komplette linke Bein von oben bis unten. Schrecksekunde! Auf gleicher Höhe erleben zwei Wanderinnen mein Debakel live mit und sprechen mir Mut zu. Ich muss stoppen, dehne und schüttele mein Bein. Bereits nach ca. 30 Sekunden kommt von hinten Norman Bauersfeld vom ausrichtenden Verein angelaufen. Noch kann ich nicht wieder durchstarten. Etwas wehmütig lasse ich ihn vorbei ziehen, klatsche ihn ab und wünsche ihm alles Gute. Nach weiteren 30 Sekunden laufe ich langsam wieder an, habe heute leider sehr mit Krämpfen zu tun. Komme dennoch wieder gut in Fahrt, hoffentlich halte ich auf den letzten 8 km wenigstens die Position 5!

Zieleinlauf bei Traumwetter

Das letzte Stück zieht sich erwartungsgemäß fast unendlich, dafür können wir die blühenden Obstbäume und kräftig-grünen Laubwälder des Südharzes genießen (Sonnenbrand inklusive :-)
Alles geht gut, die letzten beiden Kilometer rollt man bergab nach Nordhausen - ich bin als Fünfter im Ziel! Mehr ging nicht bei dieser Hitze, der Sieger ist auch nur knapp 14 Minuten schneller.

Ecki Seher, Michael Wagner und ich

Ein toller, harter Lauf. Hoffentlich hat er hinsichtlich Supermarathon nicht zu viele Körner gekostet.
Absolut empfehlenswert, altmodisch, familiär, günstig, erfrischend unprofessionell, ultrahart. Als Preisgeld für meinen Platz 2 der AK30 erhalte ich noch eine Thermoskanne, welche ich nicht erst zur nächsten Brocken-Challenge gut gebrauchen kann.




Bericht vom Rennsteig-Etappenlauf 10. - 14.04.2012

Kurzinfo:
Komplettbegehung des Rennsteigs in 5 Lauftagen, täglich zw. 27 und 40 km. Breche den alten Streckenrekord auf allen Etappen, werde aber an vier der fünf Tage nur Zweiter. Gesamtzeit für die knapp 170 km: 13:32:43 h


Bericht:
Anbei der Pressebericht vom Orgchef Ulli Röder, welchen ich verwenden darf. Im Anschluss noch ein paar persönliche Bemerkungen.


Die Etappenläufer allesamt, Orgteam rechts außen

Im Vorfeld des 40. GutsMuths-Rennsteiglaufes fand in der Woche vom 10.- 15. April der 32. Rennsteig – Etappenlauf statt. 32 Rennsteigfreunde, 11 Frauen und 21 Männer, aus neun Bundesländern und der Schweiz liefen in fünf Tagesetappen von Hörschel an der Werra rund 170 km bis Blankenstein an Saale und Selbitz. Das Läuferfeld präsentierte sich bei vorwiegend bestem Frühlingswetter so stark wie nie auf dem Höhenweg.

Der bisherige Rekord für die Gesamtstrecke - im April 2002 lief Dominik Koch aus Eisenach 13:49 h   -   bestand genau 10 Jahre. Nun, beim 32. Etappenlauf, unterbot Sieger Danny Thewes (34 Jahre / Düssin, Mecklenburg-Vorp.) diese Bestzeit mit 13:21:39 h deutlich. Ihm hart auf den Fersen war allerdings der 32jährige Langstreckler Steffen Burkhardt aus Gera (GM-Rennsteiglaufverein). Steffen lief nach 13:32:43 h auf dem Selbitzplatz in Blankenstein über die Ziellinie und unterbot damit ebenfalls den alten Streckenrekord.  Beide wechselten sich unterwegs in der Führung ab und trieben sich so gegenseitig zu neuen Bestleistungen auch auf den einzelnen Tagesabschnitten 

Hörschel – Brotterode (34,3 km), 
Brotterode – Oberhof (27,3 km), 
Oberhof – Neustadt a.R. (27,4 km), 
Neustadt – Spechtsbrunn (39,9 km) und 
Spechtsbrunn – Blankenstein (39,4 km).

Ihnen nicht nach standen die Aktiven der etwas älteren Läufergeneration. Hans-Günter Müller (59 Jahre / GM-Rennsteiglaufverein) aus Bedheim in Südthüringen, zweifacher Rennsteig-Marathonsieger der achtziger Jahre, lief als Gesamtdritter fantastische 14:37:09 h, Lutz Riegler (45) aus Weimar als Vierter 14:51:21 h  [...]
In der ebenfalls starken Frauengruppe behaupteten sich die Thüringerinnen Chris Balbierer aus Ilmenau (GMRL-Verein) und Angela Klausnitzer (Berga / Elster) sehr gut. Hinter Siegerin Heidrun Stucke aus Hemmingen (18:36:15 h) und Heike Schlüter (Bad Rothenfelde / 18:53:24 / beide Niedersachsen) liefen Chris als Dritte in 18:59:58 h und Angela als Fünfte in 20:03:33 h über den Rennsteig. 
Diesen Leistungstest nutzten alle zur Vorbereitung auf die Jubiläumsausgabe des GutsMuths-Rennsteiglaufes, wo sie entweder beim Supermarathon (72,7 km) oder beim Marathon (43,5 km) am Start sein werden.

Ulrich Röder

Seit an Seit und meist mit Vollgas!


Soweit der offizielle Teil. 
Der Lauf hat allen Beteiligten großen Spaß bereitet, es herrschte bei den Leistungsorientierten echte Trainingslager-Stimmung, die entspannteren Semester genossen einfach die Natur und das Flair der jeweiligen Zielorte. Der Sieger Danny Thewes dominierte 90% des Gesamtlaufes und hatte ein paar Kilometer vor jedem Etappenziel noch ausreichend Körner für einen Schlussspurt, bei welchem ich nicht mehr folgen konnte. Freundlicherweise ließ mir Danny am dritten Tag 30 Sekunden Vorsprung beim Zieleinlauf, so dass ich mich hier in die Bestenliste eintragen konnte - ich denke, er hätte mich noch kassieren können.

Zieleinlauf, Ulli Röder freut sich auch beim Anblick der 3:00 h für die letzten 40 km
Auch wenn der Streckenrekord jetzt wieder deutlich verbessert wurde, das ist sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange. Wichtig ist nur, dass die Organisatoren auf fair play achten, das heisst, dass jeder Läufer die gleichen Bedingungen hat (exakte Einhaltung des Streckenverlaufs, eigenhändige Einholung der Kontrollstempel etc.). Dies war wohl in der Vergangenheit nicht immer der Fall..
Tja, und wenn wir in ein paar Jahren (???) wieder hierher kommen, wie wird sich das Leistungsniveau entwickelt haben? Ich vermute mehr Zulauf leistungsorienterter Haudegen auf dieser 100-Meilen-Distanz in Zukunft. Und vielleicht gibt es für die Gastfreundschaft der Pensionen entlang des Rennsteigs ja auch noch ein Erwachen aus dem Dornröschenschlaf? Wir sind gespannt :-)