Mittwoch, 7. Dezember 2011

Rückblick 2011

Hey prima, als ich mich vom Untertagemarathon (siehe unten) mit Grausen abwandte, konnte ich einen kurzen Blick auf das zurückliegende Laufjahr werfen. Sah verdammt gut aus, ehrlich. Sah wie eine Entwicklung aus. Schauen wir mal etwas genauer hin.

Wettkämpfe:
Für so einen Hobbyläufer aus der zweiten Reihe war es ein verhältnismäßig intensives Wettkampfjahr. Insgesamt kam ich auf ca. 600 Wettkampf-km, welche sich wie folgt aufschlüsseln:2x Kurzstrecke, 6x Halbmarathon, 7x Marathon, 2x Ultradistanz.
Dabei vermied ich über das Jahr die typische, auf ein Ziel fixierte, Leistungskurve, sondern nahm (manchmal spontan) alle paar Wochen einen Wettkampf ins Visier und wechselte dabei beliebig zwischen den Distanzen. Dabei traten drei völlig verrückte Ereignisse ein, die ich Mitte 2010 noch für unmöglich hielt:
1. Ich lief den Marathon in weniger als drei Stunden (Gera, August).
2. Ich lief einen 75-km-Ultra (Waren/Müritz, August).
3. Ich gewann einen Marathon (Saale-Rennsteig, September)
Dieses drei Dinge "passierten" mir auch noch binnen sechs Wochen - unglaublich, oder?!

Training:
Ich wollte und konnte eine deutliche Steigerung, primär des Trainings-km-Umfangs, erreichen. Es stehen nun ca. 2800 reine Trainingskilometer zu Buche, das sind etwa 250% meiner Vorjahresleistung. Ich verfolge keinen Trainingsplan, sondern vertraue auf die ganz natürlich auftretende Varianz im Training, wenn ich die Laufstrecke ändere. Ich suche ständig neue Pfade und es vergehen meist Monate, bis ich eine Strecke zum zweiten Mal laufe (glücklicherweise bin ich eine Orientierungsniete und allein dadurch kommen schon sonderbare Laufstrecken zustande). Das Laufen folgt einfach der Lust und Laune des Tages und ähnelt ansonsten einem Flirt: Wenn es sich gut anfühlt, mach einfach immer weiter!

Ausrüstung:
Ich überlebte das Jahr, ohne mir Schuhe gekauft zu haben - Wahnsinn, oder? Genau genommen hatte ich mir auch schon 2010 keine Schuhe gekauft (außer die FiveFingers). Klar, einen Schönheitspreis werden meine alten Sauconys bzw. meine Lunge C-Dur nicht gewinnen, da alles langsam aus dem Leim geht. Was die mangelnde Dämpfung dieser "Oldies" angeht (was also quasi meine Laufgesundheit betrifft), so vertraue ich auf meinen Vorderfußlaufstil und vermeide weitestgehend ein Aufkommen mit der Ferse voran. Gespannt verfolge ich die Diskussionen um das Barfußlaufen, "natural running" usw.
Größte Investition des Jahres war der Garmin Forerunner 305, mittlerweile auch ein Oldie, aber für meine Zwecke ein echtes Preis/Leistungs-Juwel. Die GPS-Aufzeichnung der Strecken motiviert mich, die Pulsmessung ist amüsant und informativ und außerdem hatte ich ja seit der fünften Klasse keine Uhr mehr :-)
Noch ein Preis/Leistungs-Hammer war der 19€-Laufrucksack. Für Leute, die gerne mal 30-km-Runden oder länger laufen, sehr empfehlenswert. Den ausführlichen Test habe ich ja bereits geschrieben.

Was gab's sonst noch?
Seit Anfang Juli bin stolzes Mitglied des GutMuths-Rennsteiglaufvereins; primär, um die Arbeit der Rennsteiglauforganisatoren zu würdigen und diesen Laufklassiker zu erhalten. Aber auch ganz eigennützig, um vergünstigt am Rennsteiglauf (und auch z.B. am Rennsteig-Etappenlauf) teilnehmen zu können.

Darüber hinaus unterstütze ich im Rahmen meiner bescheidenen Möglichkeiten (Flyer verteilen, Werbe-Laufshirt, Mund-zu-Mund-Propaganda) den Skatstadt-Marathon in Altenburg, da es die Organisatoren dieser Laufveranstaltung immer wieder schaffen, absolute Partystimmung in meiner alten Heimat zu verbreiten und insbesondere tausende Schüler teilnehmen (mir persönlich ein sehr wichtiger Punkt).
Das Laufen hat sich im Jahr 2011 als ein fester Bestandteil in meinem Leben etabliert. So viele schöne und unschöne, euphorisierende und niederschmetternde, lustige und schmerzhafte Erlebnisse durfte ich mit interessanten Menschen teilen, die alle unauslöschlich Teil meiner ganz persönlichen Laufgeschichte wurden.
Aber 2011 war auch mein erstes Jahr als Vegetarier. Dies ist übrigens ein weit weniger bedeutender oder einschneidender Vorgang im Leben als oft vermutet wird. Man beschäftigt sich nur intensiver mit Kochrezepten oder allgemein mit dem, was auf den Teller kommt. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass der Mensch grundsätzlich ein Allesfresser sein KANN (also so wie Schweine, die ich - lebendig! - sehr mag). Aber wir haben die verdammte Pflicht als Menschen, mit unserem Verstand zu erwägen, was wir essen DÜRFEN. Wir nutzen damit dem Tier (das nicht vor und während seines Todes gequält wird), wir nutzen damit der Umwelt (25% der Landfläche + 80% der Energieerzeugung weltweit dient Tierfuttererzeugung) und wir nutzen uns selbst (Vermeidung tierischer Fette, antibiotischer Futterzugaben, etc.). Wer über den ganzen Wahnsinn hinter unserem Fleischkonsum etwas in Erfahrung bringen will, braucht nur zu googeln. Und ja, ich weiß, Vegetarier zu sein heißt noch immer, Tierleid zu verursachen (z.B. Eierproduktion). Aber jeder Schritt weg vom Fleisch ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Auf das Laufen hat es jedenfalls keine negative Auswirkung. Im Gegenteil führt die automatisch intensivere Beschäftigung mit der eigenen Ernährung auch zu deren Verbeserung. Viele Weltklasseläufer sind Vegetarier/Veganer, z.B. Scott Jurek oder Michael Wardian.

Samstag, 3. Dezember 2011

Bericht vom Untertage-Marathon Sondershausen am 3.12.2011

Kurzinfo: Marathonlauf auf acht Runden a 5,27 km im Salzbergwerk. Je Runde warten ca. 110 Höhenmeter. Meine Zeit ist 3:57 h, damit Platz 26 (6. der AK30).

Bericht: Hach, es ist eigentlich Blödsinn. Warum sollte man lange nach Saisonende, kurz vor dem zweiten Advent, in den 700 Meter tiefen Schacht eines Salzbergwerkes fahren, um dort bei bis zu 37 Grad einen teils sehr steilen, dunklen und trockenen Tunnel entlang zu laufen?! UND DAS ACHT MAL HINTEREINANDER?!
Ganz einfach: Weil dieser verdammte Tunnel nun mal da ist und es eine Menge Spaß verspricht!
Aber der Reihe nach. Die Organisatoren können aus Gründen der Logisitk und der Sicherheit nur 400 Läufer bei diesem Rennen zulassen, es gibt eine Warteliste. Als ich mich vor drei Monaten für diesen Lauf entschied, landete ich auch erst auf der Warteliste, aber bereits nach wenigen Wochen war ich aufgerutscht und meine Anmeldung wurde angenommen.
Der Spaß kostet wegen des logistischen Aufwandes 55 EUR, das ist etwas zu viel, um die Veranstaltung als reinen Gaudi abzutun.
Da die Planung für 2012 langsam konkret wird (Vorschau kommt später), liegt meine 14-tägige Saisonpause 2011/2012 nun bereits hinter mir - unmittelbar hinter mir.
Meine Vorbereitung für "diese wohl härteste Marathonstrecke" (laut Veranstalter sc-impuls Erfurt) ist mehr als dürftig, trotzdem will ich einen Saisonauftakt nach Maß und einen echten Test. Den sollte ich auch wirklich bekommen.
Anreise, Registratur, Umziehen klappt alles wie am Schnürchen, ich war ja im Februar zum "Halben" schon mal hier. Heute sind es viel mehr Leute, die unterschiedlichsten Dialekte sind zu hören und auch das europäische Ausland ist vertreten. Eine Stunde vor Laufstart, also kurz vor 9 Uhr, bin ich unter Tage, ziehe mich um und denke mir eine Renntaktik aus.
Jeder technikbegeisterte Läufer (und was meinen Forerunner angeht, bin ich das) muss hier unten auf den lieb gewonnen Rythmus der GPS-Uhren verzichten und seine Pace nach Gefühl finden. Oder eben mittels Herzfrequenzmesser, das versuche ich mal. Mein Ziel ist, nie über 80% der HF_max hinaus zu steigern, und daran halte ich mich auch ganz überwiegend. Auf ein Zeitziel verzichte ich, liebäugle aber mit den 3:30.
An der Startlinie, wenige Sekunden vor dem Countdown, zeigt die Uhr 64 Schläge pro Minute, trotz "höllisch" guter Atmosphäre - das sieht doch gut aus. Neben mir erscheinen bunt flackernde, menschliche Weihnachtsbäume. Sogar einen weiblichen Engel mit Flügeln sieht man am Start. Die salzkristallenen Wände werfen den donnernden Countdown aus den 400 Hälsen zurück - START!
Runde 1 von 8 absolviere ich mit gut 12 km/h, der Wärmestau am Kopf (es herrscht Helmpflicht) macht das Ganze zwar nicht leichter, aber mit entsprechender Getränkeaufnahme sollte das kein Problem sein.
Doch irgendetwas stimmt nicht hier unten, ich werde bis einschließlich Runde 5/8 jede Runde 20 Sekunden langsamer, und zwar erschreckend konstant! Die Rundenzeiten soweit:
1. 26:11
2. 26:29 (+18)
3. 26:50 (+21)
4. 27:13 (+23)
5. 27:34 (+21)
Und gegen Ende der Fünften passiert es: der erste Krampf! Ich bin darüber etwas erschrocken, habe meine (ohnehin geringen) Berglaufqualitäten scheinbar rapide eingebüßt während der zurück liegenden, faulen Wochen..
Da ich heute keine Lust habe, mich zu quälen (übrigens im Gegensatz zum Großteil der Untertage-Enthusiasten), freue ich mich bereits auf eine Dusche ganz für mich allein und eine pünktliche Abreise, sch* doch auf die verbleibenden 16 Kilometer!
Also los, ich dehne mich kurz im Dunklen und trabe dann locker weiter - hmm, es geht ja wieder. Dann wird eben die Sechste meine letzte Runde. Das Feld der harten, erfahrenen Marathonhelden hat sich inzwischen ins Unkenntliche aufgelöst.
Erste Flüche hallen durch die Tunnel, Gehende mit hängenden Köpfen trifft man nun häufiger. Der Untergrund wird glitschiger, ganz langsam erschweren sich hier unten die Bedingungen. Ich muss an den Frosch denken, der -in heißes Wasser geworfen- sofort die Flucht ergreift; der aber bei langsamem Erwärmen seiner Umgebung seelenruhig verbrennt. Die Luft wird scheinbar immer wärmer, Schweiß läuft unter dem Helm hervor, die salzige Haut hinab, tropft auf den Boden.
Der häufige Wechsel zwischen völliger Dunkelheit und grellem Kunstlicht blendet die Augen und nervt das Gehirn. Die unebene, harte und kaum erkennbare Bodenstruktur macht ein sanftes Aufsetzen fast unmöglich, viele harte Aufschläge sind die Folge. In jeder Runde überraschen einen neue Berge, die vorher nicht da waren. Durchatmen.
In Runde sechs wieder Krämpfe, diesmal eher als in Runde fünf und in beiden Beinen. Na Klasse! (hey, die Dusche ruft!)
Allerdings lässt selbst die bescheidene Rundenzeit von mehr als einer halben Stunde am Ende von Runde sechs noch eine Gesamtzeit von unter vier Stunden realistisch erscheinen. Das ist alles, was ich jetzt noch will (aber kaum noch KANN).
Über die verbleibenden zwei Runden möchte ich nicht wirklich schreiben, es ist unwürdig. Meine Bewegungen sind so geschmeidig wie eine Nilpferd beim Purzelbaum, alle halbe Kilometer Krämpfe, Hitze, Durst, Salz überall, der Körper sagt S-T-O-P!

Hierzu ein schönes Zitat von Friedrich Hebbel: "Dass die Schmerzen miteinander abwechseln, macht das Leben erträglich." - Ja, dadurch, dass es mal rechts und mal links zuerst verkrampft, kann man den Schwerpunkt immer anders verlagern und sich wieder 100 m weiter schleppen.. - kluger Mann!

Bleibe letztlich mit 3:57h unter der 4-h-Marke, hatte meinen "Test", weiß wieder, wo ich wirklich stehe..
Insgesamt ist es natürlich ein geiler Lauf ihr Freaks! Aber ich bin fertig mit der Untertage-Nummer, für immer.

Montag, 24. Oktober 2011

Bericht vom Dresden-Marathon am 23.10.2011

Kurzinfo:
Sehr flache 21km-Doppelrunde durch die Dresdner Innenstadt. Mein Ziel war, die Sub-3h-Zeit aus Gera zu bestätigen, also ca: 2:55h (meine Zeit aus 2010 war 3:26h).
Dieses Ziel gelang, ich erreiche in 2:51:51 h Rang 29 von gut 1300 Finishern (Platz 4 der AK).


Bericht:
Ich wache bereits um 3:15 Uhr ausgeruht auf und mache mich langsam an das erste Frühstück. Gegen 5 bin ich am Bahnhof und erfahre, dass der Zug 40 Minuten (!!) Verspätung hat – verflucht, jetzt steh ich hier in der Kälte und beobachte die ganzen Kaputten und zugedröhnten Teenies, welche auf ihrer Odyssee nach Hause hier Station machen. Jetzt wird es schon wieder kribbelig (weil zeitlich eng), aber bei 40 min Verspätung bleibt es dann auch zum Glück. Ich ziehe mich also bereits im Zug um und bin ca. 30 min vor Start am Congress Center. Alles gut, habe großzügig geplant.
Meine Starttüte, welche mir separat mit der Startnummer überreicht wird, ist komplett leer – komischer Gag. Dann treffe ich noch Kristin Eisenacher (USV Erfurt) und Marco Mayer aus Weimar, der heute seinen ersten Marathon laufen will.
In Dresden herrschen zum Start um 10 Uhr gute Bedingungen, auch wenn es mit ca. 6 Grad noch recht kalt ist. Ich stehe wenige Meter hinter der Startlinie, diesmal möchte ich schneller aus den Löchern kommen und nicht in dem langen Lindwurm, welcher sich hier in der Ostra-Allee gebildet hat, zermalmt werden. Der Countdown ertönt und es geht los – START!
Es sollte ein gemütlicher Anfang werden mit ca. 4:20-Pace auf den ersten Kilometern und anschließender Steigerung, aber es kam natürlich anders. Der Sog der Halbmarathonis war zu stark. Letztlich laufe ich bis km 20 deutlich konstanter und schneller als geplant, nämlich KOMPLETT innerhalb 3:52- und 4:01-Pace. Gegen Ende der ersten 21-km-Runde bin ich sozusagen direkt dran an dem kenianischen Häschen (Kiprono, am Ende Zweitplazierte der Damen) und auch „auf Augenhöhe“ mit der kleinen Polin Kuta (am Ende Dritte).
Leider spüre ich nun bereits meine muskulären Defizite, die Beine schmerzen leicht. Die Gedanken, ob es an der eher mangelhaften Erwärmung, der schnellen Anfangsphase oder der nicht hinreichend trainierten Tempohärte liegt, verdränge ich für den Moment und suche nach einer „Notfallvariante“, ich schalte das Tempo etwas runter, spiele kurz auch mit dem Gedanken einer Halbmarathon-Wertung, also Abbruch wegen Verletzung. Bei km 25-30 scheint sich das Schmerzlevel etwas zu stabilisieren und ich schöpfe Mut, kann aber nur noch eine Pace um die 4:10 halten.
Ganz nebenbei habe ich gerade eine neue persönliche Halbmarathonbestzeit (1:23:22 h) aufgestellt. Ist doch ein tröstlicher Gedanke, wenn man noch 20 km Schmerzen vor sich hat, oder? Die letzten 12 km tun dann wieder richtig weh, meine Pace liegt im Schnitt noch bei 4:15. Insgesamt laufe ich die zweite Runde ganze 5 min langsamer als die erste, so etwas kann man schon Einbruch nennen. (Übrigens kein Einzelphänomen: Die Sieger der Frauen –Bonsa- ließ ganze 7:31min in der zweiten Runde liegen!)
Wie auch immer, jeder Läufer weiß, wie schnell Schmerzen wieder vergessen sind! Ich erlebe einen sehr schönen, einsamen, langen Zieleinlauf und werde vom Zielkommentator zum Schwiegermütterliebling erklärt, wohl wegen der Haare – na wenn das nichts ist! Zielzeit ist 2:51:51h – ich habe fertig! Mehr ging heute definitiv nicht, ich habe mehr erreicht, als ich wollte. Leider fehlten nur ganze 50 Sekunden zum Rang drei in meiner Altersklasse, naja.

Da kann mir auch die leicht bockige Dame am Erdinger-Stand nicht mehr die Stimmung vermiesen, welche mir doch tatsächlich das zweite Alkoholfreie nicht gönnen wollte. Als Schwiegermütterliebling hätte ich doch hier leichtes Spiel haben sollen, oder? :-)
Insgesamt ist der Dresdner Marathon ein ganz netter Lauf, dessen beste Eigenschaft sein flaches Profil ist. Hier kann jeder zum Saisonende genau prüfen, wo er steht. Ausreden gibt es keine! Übrigens war der Gegenwind aber teilweise wirklich sehr stark.. ;-)

Samstag, 15. Oktober 2011

Bericht vom Kernberglauf am 15.10.2011

Kurzinfo:
Knackiger 27km-Rundkurs in Jenas Kernbergen. Mein Ziel waren 2:15h (nach meiner bisher einzigen Vergleichszeit aus 2007, welche 2:25h beträgt). Das Ziel konnte ich deutlich unterbieten und erreichte Gesamtrang 4 von 396 Finishern auf der 27km-Distanz in 1:53:02* Std. (Was das Sternchen bedeutet? Bitte Bericht lesen!)

Bericht:
Furios und kurios!
Als ich heute früh erwachte, war das erste, das ich sah, das Eis an meinem Fenster - der Winter rückt näher! Trotz Frost an diesem Morgen versprechen die Meteorologen einen sonnigen Tag mit Temperaturen um die 12 Grad. Der Lauf beginnt erst um 11, was der Sonne genügend Gelegenheit geben sollte, den dichten, feuchten Nebel im Saaletal zu vertreiben. Ich bin bereits gegen halb 10 überpünktlich vor Ort (auch wenn sich die Bahn alle Mühe gab,  mich daran zu hindern - 25 Minuten Verspätung!) und kann so das sportlich-professionelle Flair in Jena noch etwas genießen. Bin gerne hier, es ist eben auch schon ein Stückchen Heimat, da es bereits zu Ostthüringen zählt.
Die Ausgabe der Startunterlagen erfolgt reibungslos, diesmal gibt es flexible Chips, welche am Schuh selbst zu befestigen sind ("easychip" der Firma Davengo). Viele der über 1000 Starter (15km plus 27km) ziehen sich recht früh um und gehen wieder in die Kälte, das geh ich ruhiger an. 20 Minuten vor Start bin ich umgezogen, lasse aber die lange Hose noch an und laufe drei Stadionrunden, dehne mich. Es ist noch bitterkalt, man sieht viele Mützen und Handschuhe. Erst wenige Minuten vor dem Start will ich meine Tasche abgeben, natürlich wollen das hundert andere auch genau so machen. So komme ich mal wieder zu spät zum Start, muss mich recht weit hinten einordnen. Aber es wird viel gelacht und gescherzt, wir blinzeln in die Sonne und erwarten den Startschuss - START!
Hmm, an meiner Differenz zwischen Brutto- und Nettozeit kann man sehen, dass ich erst nach 37 Sekunden die Startlinie überquere, da sind die Führenden schon fast wieder außer Sicht.. :-)
Am Höhenprofil ist zu erkennen, dass wir bereits auf den ersten sechs Kilometern recht hart ran genommen werden:


Ich muss erst mal viele sehr langsame 15- und 27km-Läufer überholen und ausmanövrieren, das kostet Nerven und Zeit. Es wurde vom Veranstalter immer wieder gesagt, dass sich langsame Läufer bitte nach hinten orientieren sollen in der Startaufstellung, aber da scheint der Ehrgeiz manchmal stärker als die Einsicht. Egal, die Sonne scheint. Wie gehabt kann ich die Berge ohne zu gehen hochlaufen, mache dabei ein paar Plätze gut und dürfte bei km 6 ca. auf Rang 12 liegen. Jetzt beginnen die wunderschönen, schwungvollen Singletrails, für die der Kernberglauf so berühmt ist: Man kann zwar nur selten überholen und muss höllisch auf Wurzeln und abschüssige Stellen aufpassen, will man nicht meterweit den Hang hinabrutschen, aber dieses Auf und Ab der Waldwege, dieses Haken schlagen und Chancen wittern (zum Überholen) erzeugt einen wunderbaren Laufrausch ("Flow" wenn du so willst) - nur fliegen ist schöner!


Danke an Miss "Juliregen" :-)

Natürlich muss man sagen, dass ein "korrekter" Rhythmus bei diesem Lauf eher schwer zu finden ist. Mein Puls schwankte sehr stark, die Pace lag teils bei 3:00, dann mal bei 8:40 - dieser Lauf ähnelt eher dem Ritt der Walküren über das Schlachtfeld, da darf man schon mal ein paar alte Regeln brechen.
Dann kam Verwirrung auf: Mittlerweile ca. auf Rang 9 liegend in einer Dreiergruppe laufend, wird an einem V-Punkt bei km 17 von zwei dort stehenden Läufern geäußert, dass mehrere Läufer versehentlich abgekürzt hätten, u.a. alle Anwesenden. Ich bekomme es erst im Weiterlaufen richtig mit. Jedenfalls vergleiche ich daraufhin die km-Angaben mit meiner GPS-Uhr und ... es stimmt offenbar: mir fehlen etwa 1300 Meter, verglichen mit den km-Schildern des Veranstaltern! In unserer Gruppe ist es allen suspekt, nie vermissten wir eine Markierung und waren immer "in der Spur", seltsam. So gehen die Gedankenspiele weiter und während des Laufs ist Aufklärung auch nicht zu erwarten. Da ich noch genügend Reserven habe, lasse ich zwischen km 19 und km 23 meine Gruppe und die beiden erwähnten Läufer hinter mir, liege nun auf Rang 6. Noch 4 km bis ins Ziel, ich durchlaufe abschüssiges Gelände und teils Asphalt, der Körper fühlt sich stark an aber ich habe ein richtig schlechtes Gewissen. An dieser Stelle beschließe ich, beim Zieleinlauf nicht durch die Zeitnahme zu laufen, sondern daran vorbei eine weitere Runde zu drehen, bis meine Uhr tatsächlich 27 km anzeigt. Das wird möglicherweise ziemlich bescheuert aussehen, aber ohne Fairness bedeutet Sport rein gar nichts. Gesagt, getan! Ich laufe links an der Ziellinie vorbei (es war viel los, u.a. noch 15km-Finisher, der Stadionsprecher hat mich zum Glück völlig ignoriert), überspringe ein Absperrband (Rock'n'Roll!) und drehe auf dem Grün noch eine komplette Stadionrunde, jetzt zum Zieleinlauf, der Stadionsprecher ignoriert mich wieder. Meine Uhr zeigt 26,62km, damit ist der Sache genüge getan finde ich - endlich im Ziel!
Zunächst erhellen die anschließenden Gespräche die Situation nur wenig, einige meiner "Irrläufer" wollen wegen des schlechten Gewissens nicht zur Siegerehrung gehen (keiner außer mir lief eine Extrarunde), viele wissen nichts von einem Malheur. Ich frage drei ganz verschiedene Leute nach ihren GPS-Daten, die Angaben liegen alle zwischen 25,4 (sic!) und 26,5km - wirklich niemand hat 27km auf seiner Uhr stehen! Die Erklärung ist ganz einfach: Das GPS ermittelt eben nicht die korrekte Länge einer Hypotenuse, sondern schreibt die km-Länge der kürzesten Strecke zwischen 2 Punkten in einer komplett flachen Welt - somit werden Höhenmeter komplett unterschlagen! Bei einem hügeligen Lauf wie diesem macht sich das besonders bemerkbar. Und die letzten Gespräche zum Thema (während der Siegerehrung) klärten endgültig auf: Nicht viele waren zu kurz gelaufen, sondern Einzelne liefen fälschlicherweise einen UMWEG! Somit war meine Ehrenrunde eine Posse, wie sie im Buche steht! Darüber könnte ich mich tot lachen! :-) Ob es mich den Gesamtplatz 3 gekostet hat, würde ich nicht unbedingt vermuten, insofern bleibt kein Wermutstropfen. Nur darum also trägt meine Zielzeit von 1:53:02 ganz oben ein Sternchen, ich lief einfach ca. 400m zu weit.
Dr. H. Kremer bemerkt in seinem Kurzbericht ebenfalls zwei kleine, offizielle Abkürzungen. Also gehen die 26-Komma-X-km völlig in Ordnung.
Als Altersklassensieger durfte ich zwei mal zum Podest, das ist ein absoluter Traum für mich bei so einem gut besuchten Lauf! Die Ad-hoc-Ehrungen wurden auf Basis der Bruttozeiten vorgenommen, daher war ich zunächst "nur" Fünfter.
Alle Läufer wurden nun von schönster Mittagssonne verwöhnt und belohnt. Damit endet der 35. Kernberglauf, welcher hoffentlich noch viele Jahrzehnte Bestand hat - Danke Jena!

Ich beende den Tag mit einem lockeren 10km-Lauf, ich bin noch "hungrig" ;-)

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Bericht vom Zwiebelmarktlauf am 08.10.2011

Kurzinfo:
Flache 5,2km-Runde, die viermal gelaufen wird, teilweise inmitten des traditionellen Zwiebelmarktes in Weimar (Parkwege und Pflaster). Mein Ziel waren die 1:25 auf 21km, erreicht habe ich 1:23 (Rang 8 gesamt, Rang 2 der AK30) - bin sehr glücklich damit.

Rundenzeiten:
(ich schrieb einen Bericht, der ging leider soeben verloren und ich hab keinen Bock noch mal zu schreiben, daher leider nur die Rundenzeiten)

1. Runde - 20:39min (Pace 3:53) - Rundenende auf Rang 15
2. Runde - 21:07min (Pace 4:01) - Rundenende auf Rang 9
3. Runde - 21:07min (Pace 4:01) - Rundenende auf Rang 9
4. Runde - 20:41min (Pace 3:57) - Rundenende auf Rang 8

Als Preis für Rang 2 der AK gab es einen original Zwiebelzopf. Den Organisatoren ein herzlichstes Dankeschön für den Lauf mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis! Es gab für das kleine Startgeld ein Funktionsshirt, Essen, Trinken, etc.
Bitte sorgt mal bei Gelegenheit für mehr Umkleidemöglichkeiten und Toiletten, die Phase vor dem Start ist immer recht stressig. Dafür sind alle Beteiligten sehr, sehr nett und man kommt gerne wieder!

Sonntag, 25. September 2011

Bericht vom Saale-Rennsteig-Marathon am 25.09.2011

Kurzinfo:
Marathonlauf vom tiefsten zum höchsten Punkt des Landkreises SLF (Uhlstädt auf 175m NN nach Piesau auf 731m NN). Schaffe überraschend den Gesamtsieg in 3:32h. Streckeninfo hier

Bericht:
Tja, wie beginnen solche Geschichten? Mit einem lauten Wecker um 5:30 Uhr vermutlich. Es scheint ein wettertechnisch viel versprechender Sonntagmorgen zu werden, also Tasche fertig packen, kleines Honigbrötchen gegessen und (Achtung: Geheimtipp!) eine Tupperdose mit Haferfrühstück für den Weg angerührt (Hafer- und andere Getreideflocken, Milch, Kakao, etwas Chia). Der Zug fährt gegen 7 Uhr, also auf zum Bahnhof. Es ist arschkalt, vor allem nach diesen vielen Sonnentagen. Aber es soll heute der wärmste Tag der Woche werden, die Marathonis in Berlin freuen sich schon auf 25 Grad :-)
So warm werden wir es im Wald nicht haben, aber ganz kurze Hose und dünnes Shirt sind Pflicht. Ich packe ganz bewusst keine Kompressionssocken ein, ich will ein letztes Mal dieses Jahr so viel Sonne und Wind wie möglich spüren.
Die Bahnverbindung ist ziemlich cool (1:14h, 2 Umstiege), ich bin ca. 30 min vor Start am Sportplatz in Uhlstädt. Ein paar Leute genießen bereits die frühen Sonnenstrahlen und ich erkenne Jörg wieder, der mir an der Müritz seinen Biergutschein geschenkt hatte. Obwohl er aus Fürstenwalde kommt, tourt er durch die halbe DDR, um heute in Piesau -ich wiederhole: PIESAU- statt am Brandenburger Tor ins Ziel einzulaufen. Netter Kerl. Er musste hier übernachten (er ist auch Zugfahrer) und mir dämmert, dass ich selbst auch bereits die Übernachtung inkl. Frühstück hier gebucht hatte. Das hatte ich völlig verschwitzt, meine Anmeldung für den Lauf ist ein halbes Jahr her. Oh man, ich werde alt! Es sind überhaupt viele außerthüringische Läufer am Start, etwa 2/3 kommen von außerhalb, natürlich überwiegend Franken und Sachsen. Und es sind viele Ultrahasen darunter, in so manch respektables Finishershirt sind die Recken gewandet. Auch Nicole Kresse  sehe ich am Start, die Siegerin der 100 Meilen in Fröttstädt.
Am Start sieht man an Laufkleidung alles zwischen "komplett lang und Mütze" und "ganz kurz" - typischer Herbstlauf! Der Bürgermeister entlässt uns nun mit feierlichen Worten auf die Strecke als die Uhr neun schlägt. START!


Wie immer bei so überschaubaren Starterfeldern (ca. 60 Läufer) versuche ich zunächst, die dritte Position nicht aus den Augen zu verlieren (so fern mein Körper dabei mitspielt) und erst mal warm zu werden. Tatsächlich erfahre ich aus kleinen Gesprächen während der ersten hundert Meter, dass sich im letzten Jahr viele Läufer verlaufen hatten und Umwege in Kauf nehmen mussten. Auch der Spruch "der Lauf beginnt erst wirklich in Saalfeld!" machte immer wieder die Runde. Klar, ein Blick ins Höhenprofil klärt auf:


Entsprechend entspannt verlaufen die ersten Kilometer, der Respekt vor der Strecke ist förmlich greifbar. An der dritter Position liegend, knapp unterhalb der Wohlfühlgeschwindigkeit erreiche ich Kolkwitz, den ersten V-Punkt (5,5 km). Die Jungs vom Jugendklub betreuen den Stand und ich glaube, sie hätten mir auch etwas Bier abgegeben, wenn ich gefragt hätte :-)
Der auf Platz zwei Liegende muss etwas abreißen lassen und bleibt zurück und für die restlichen 38 km des Laufes werde ich somit keinen anderen Läufer mehr sehen außer den derzeit direkt vor mir laufenden "schnellsten Küchenchef Thüringens" (laut Shirt, er heißt Marcus). Wir bewegen uns anfangs ausschließlich auf Asphalt und das Tempo ist angenehm. Der Reiz, schneller zu laufen ist schon da, aber bei diesem Höhenprofil wäre das jetzt Irrsinn.
Zwischenzeitlich wechseln wir mal die Führung, ich bummel aber immer an den V-Stellen und verliere ein paar Sekunden, somit bleiben wir erst mal zusammen. Wirklich wahnwitzig, riskant, Furcht einflößend fand ich Marcus' Geschwindigkeit, als er mich nach einem Kurzstop seinerseits auf einem irren Gefällstück (ab Dorfkulm) wiedermal überholte. Ich bin ja schon ein kranker Bergabläufer mit aller Härte, aber er holte aus seinen langen Beinen alles raus - bei einem Sturz wären wir sicher meterweit geflogen!
Wir erreichen Saalfeld im Doppelpack, 18 km sind geschafft und alles ist im grünen Bereich. Direkt an der Saale, in einem schönen flachen, riesigen Park werden wir versorgt. Hier starteten vor einer Stunde die 25-km-Läufer, von denen wir keinen mehr auf der Strecke sahen. So, jetzt also soll der Lauf beginnen, ich bin gespannt! Wir verlassen Saalfeld Richtung Eyba auf einem Schotterweg, das Höhenprofil oben spricht für sich, viel mehr ist nicht zu sagen. So lange es möglich ist, laufe ich tapfer durch und gewinne Abstand zu Marcus. Irgendwann entscheide ich mich aber, zu gehen, will nicht hier schon an die Grenzen stoßen.
Die Strecke bleibt jetzt immer anspruchsvoll, selbst bergab ist teils keine Erholung möglich, da die Strecke aberwitzig steil und schotterig ist, immer wieder gibt es Gelegenheit, sich an langen Anstiegen "abzuarbeiten". Dafür entlohnen die endlosen Blicke ins hügelige Umland - ein echter Spätsommertraum!
Im Großen und Ganzen bin ich überrascht, wie gut die Beine durchhalten, aber der Abstand zu Marcus ist nie größer als ein, zwei Minuten. Und selbst am vorletzten V-Punkt Gebersdorf (37 km) schafft er es, mich wieder zu überholen (ich bummel...). Diesmal kann ich ihn recht schnell wieder packen und kann an seiner Atmung hören, dass für mich heute hier mehr drin ist, als der ewige zweite Platz. Auf dem langen letzten Anstieg nach und in Piesau kann ich wieder zwei Minuten Abstand gewinnen und bis ins Ziel halten. Als die netten Piesauer auf dem Dorfplatz bei meiner Ankunft klatschen bin ich natürlich der glücklichste Mensch der Welt - ERSTER PLATZ! Zum ersten Mal überhaupt!



"Bälle flach halten, war doch nur Glück!" ;-)


Die Gesamtplatzierten 1 bis 3

Sofort nach Zieleinlauf wird mir ein Mikro ins Gesicht gehalten, darauf war ich nicht gefasst. Jetzt ein paar kluge Worte? Dürfte nicht geklappt haben ;-) aber dafür das einzig Wichtige hier noch mal in Kurzform:

"Danke an alle Organisatoren und die vielen Helfer an der Strecke für diesen geilen Lauf! Hier muss ich wieder her, klarer Fall!"

Der restliche Tag wird mit barfuß Auslaufen eingeleitet (ich bin noch laufhungrig nach 44km - gutes Zeichen!), danach duschen, Saalfelder Bier trinken und quatschen und die Sonne genießen - das Leben kann so schön sein! Nicole gewinnt souverän mit Streckenrekord die Frauenkonkurrenz, auch Jörg kommt noch glücklich ins Ziel. Bei ihm kann ich mich revanchieren, indem er diesmal meinen Getränkegutschein in Limo umsetzt.

(alle Fotos vom Veranstalter)

Dieser Lauf ist durch seine 1300 Höhenmeter und die tolle Landschaft ein echtes Schmankerl, der 30.09.2012 ist schon wieder fest für Uhlstädt eingeplant!

Samstag, 3. September 2011

Erster Versuch mit einem Trinkrucksack

Gegen Ende einer äußerst lauffaulen Woche (immerhin kann ich mir einreden, das sei noch die Erholungsphase vom Müritzultra vor 12 Tagen) stand gestern die Premiere eines neuen Ausrüstungsteils: Der Kalenji Trinkrucksack. 

Die Daten: 2-Liter-Wasserblase plus 8 Liter Stauraum, 360g leicht, 9 Außentaschen (davon 4 vorne), Preis 19€

Grundsätzlich bin ich ja bei diesem Schnickschnack skeptisch. Alles, was zwischen dem Waldboden und meinem Ideal eines halbnackten Läufers (leichte Schuhe + kurze Hose) steht, kann höchstens toleriert, aber niemals wirklich gemocht werden. 
Nun besteht aber definitiv in meinem "Laufrevier" die Herausforderung, auch bei höheren Temperaturen und Läufen um die 3+ Stunden für genügend Flüssigkeit selbst zu sorgen. Für lange Läufe ist die 600ml Trinkflasche nicht ausreichend. Die Trinkgürtel, die ich aus Erfahrung kenne (2x500ml und 4x125ml), stören mich, da ich keine Einengung am Bauch mag (eigentlich mag ich sie am ganzen Körper nicht). Darüber hinaus gibt es praktisch keine 100%-ig saubere Wasserquelle aus der Natur. Notfalls trinke ich aus der Gera, aber einmal ging das schon schief und mir war einige Tage schlecht. 
Der Rucksack also macht einen sehr funktionalen und trotzdem hübschen Eindruck, auf dem obigen Bild wirkt er etwas praller und größer als er wirklich ist. Die Schultergurte sind angenehm breit und lassen sich vor der Brust per Reißverschluss verbinden (darum "Westenform" genannt) - somit wird ein Wackeln fast ausgeschlossen und das Teil liegt gut an. Die erste Wasserfüllung sollte zwecks Spülung mit sehr warmem Wasser erfolgen, sonst schmeckt das Premierenwasser etwas nach Gummi - ein Effekt, der sehr bald verschwindet. Positiv ist mir noch beim Packen aufgefallen, dass alles was man unterwegs schnell zur Hand haben will, auch an der Vorderseite verstaut werden kann, dank der 2 größeren RV-Taschen und den 2 offenen schmalen Taschen oberhalb. Zum Beispiel passen hier vorn locker 5 Gels + Fotoapparat auf die eine Seite, MP3-Player und Handy auf die andere.
Ich fülle die Blase mit ca. 1,8 Litern Leitungswasser und mache mich gespannt auf den Weg. Natürlich ist so ein Rucksack grundsätzlich erst mal störend, nichts ist schöner als mit freiem Oberkörper durch den Park/Wald zu tigern! Es entwickelt sich eine ziemliche Wärme am Rücken, der Bereich zwischen Rucksackende und Hintern (Nieren) ist ständig schweißnass und dadurch recht kühl. So, kommen wir jetzt zum wichtigsten Punkt: dem Trinken. Das Mundstück besteht aus Gummi und kann manuell geöffnet und geschlossen werden (1 cm rausziehen bzw. reinstecken). Wenn das Teil geöffnet ist, kann per Biss auf das Mundstück der Durchlauf geöffnet werden - voila, man kann jetzt saugen! Das funktioniert alles prima, man muss nicht saugen wie ein Verrückter, aber ich würde das Mundstück immer wieder verschließen, da sonst tröpfchenweise permanent Wasser raus kommt. Das lässt sich aber alles mit einer Hand bzw. Hand + Mund nebenbei erledigen und stört den Lauf nicht.
Kommen wir zum größten Manko dieses Rucksacks (oder EINES Rucksacks im Allgemeinen): Sobald die Wasserblase nicht mehr ganz gefüllt ist, plätschert das kühle Nass sehr deutlich hörbar in der Blase hin und her. Und das war wirklich nervig am Anfang! Für mich persönlich fast ein Ausschlusskriterium. Bei den nächsten Läufen werde ich der Fairness halber noch versuchen, durch Fixierungen an den Rucksackschlaufen die Wasserblase etwas "einzuschnüren", damit möglichst kein Raum für Wasserspiele bleibt. Diese Chance hat der Rucksack verdient.
Ansonsten gibt es nach diesem ersten Lauf (33km) keine Mängel festzustellen, die Wasserblase ist dicht und gerieben hat auch nichts, wobei ich hier noch ein paar Tests mit mehr Gewicht machen werde und dann diesen Beitrag aktualisiere.

Fazit: Ein Rucksack ist ein störendes Etwas auf dem Rücken, was teilweise auch recht laut sein kann. ABER: Er erhöht die Laufreichweite ungemein und schafft dort, wo er etwas Komfort stiehlt, ein großes Stück Unabhängigkeit. Für 19€ (decathlon.com) eine klare Kaufempfehlung.


Update 05.10.
Nach ca. 200 km mit dem Rucksack möchte ich das Teil wirklich nicht mehr missen. Es hat keine versteckten Macken oder Verarbeitungsfehler. Der große praktische Nutzen überwiegt bei Weitem das noch vorhandene Plätschern bei halbvoller Wasserblase. Kaufempfehlung bestätigt!

Montag, 22. August 2011

Bericht vom Müritzlauf am 20.08.2011

Kurzinfo:
mein erster, richtiger Ultramarathon über ca. 75 flache km rund um den Müritzsee, meine Zeit: 6:41h
Streckeninfos hier

Bericht:
Für so eine Ultra-Aktion sollte man schon mal ein ganzes Wochenende einplanen und das tat ich auch. Die Sache klang von Anfang an sehr sympathisch, ungefähr so: Komm an die Müritz, nimm dir ein Hotel oder bleib für 10€ in der Turnhalle, bleib eine oder zwei Nächte, mach dir keine Sorgen wegen des Frühstücks....
Also war die Sache ganz klar, ich packe den Rucksack für zwei Übernachtungen und düse am Freitagnachmittag die ca. 430 km per Bahn nach Waren/Müritz.
Unmittelbar in Bahnhofsnähe gibt es die Startnummern, auch werden wir sogar von den Org-Leuten in die etwas weiter entfernte Turnhalle gefahren - was für'n Luxus! Es herrschen beste Bedingungen, um Urlaubsstimmung zu erzeugen: Angenehme Temperaturen, Möwengeschrei, nette Leute, das Flair am Binnenhafen... Dazu kommt noch die innere Vorfreude auf das völlig Unbekannte. Nie rannte ich mehr als 50 km, morgen sollen es gleich mal 75 km werden! Aber ich setze mich keinem Druck aus, notfalls werde ich morgen eben zum Walker (das spart ja auch Schweiß ;-) und hab dann trotzdem ne schöne Zeit.
In der Turnhalle werden wir von einer Handvoll zuvor kommender Damen begrüßt, welche hier ein Auge auf usn und unser Gepäck werfen und immer für ein paar freundliche Sätze zur Stelle sind. Es wird sofort selbst gebackener Kuchen und Kaffee angeboten. Insgesamt werden wir bis zum Abend etwa 20 Ultraübernachter, jeder kann sich eine Turnmatte als Unterlage nehmen hat genügend Raum zur Entfaltung des Schlafsacks etc., wirklich toll. In Badelatschen gehe ich nochmal um die Ecke und besorge ein wenig Zaubertrank (schwarz mit blonder Seele) - sicher ist sicher! :-) Wir gehen früh zu Bett, viertel 7 soll es Frühstück geben, um 8 ist Start. Die Damen sind so rührig und herzlich, das Frühstück wurde extra für uns vorbereitet - wie bei Muttern!

Zum Lauf: Wir starten direkt am Hafen in Waren. Mein einziges Ziel ist das gesunde Ankommen, also gehe ich die Sache auch entspannt an - ca. 5:00-Pace. Wir laufen auf festen Wegen, anfangs viel Wald und auch Sümpfe, wir sind im Müritz-Nationalpark!


Tja, wer hätte es gedacht, das Land ist weit und flach. Schwierig für den Kopf. Aber durch die gelegentlich durchlaufenen Ortschaften kommt etwas Abwechslung hinzu, auch gibt es ausreichend viele V-Punkte. Von der Bevölkerung werden wir kaum wahr genommen.
Bis etwa km 36 halte ich mehr oder weniger die 5:00-Pace, danach will ich auf Nummer sicher gehen und baue alle 25 Laufminuten ca. 5 Gehminuten ein. Im Nachhinein betrachtet Schwachsinn, da es den Rhythmus stört, wenig bis gar nichts bringt und viel Zeit kostet. Während einer solchen Gehpause werde ich von der führenden Frau, Imke, ungefähr bei km 50 überholt. Diese Tatsache, in Verbindung mit der Einsicht, dass Gehpausen für die Beine nichts bringen, versetzt mich wieder in Schwung! Ich hänge mich an Imke und ihren Begleiter, bin beeindruckt von ihrem konstanten, zähen Laufstil. Bis zum Ziel werden wir jetzt zusammen bleiben (wo ich natürlich keinen Angriff mehr starte, bin ihr fürs Pacing viel zu dankbar).
Mittlerweile laufe ich in einem Bereich, der neu ist: jenseits der 50-km-Grenze. Falle ich spontan irgendwann um? Breche in Krämpfe aus? Dehydriere? Nein, es ist einfach ein laaanger Marathon, der alle Höhen und Tiefen eines normalen Marathons noch etwas verstärkt. Mehr Schmerz, mehr Euphorie, mehr Durst, mehr verrückte Ideen im Kopf. Eine Liedzeile, welche ich vorher nie wahr genommen hatte, muss ich jetzt hunderte Male vor mir hersingen: "There's something in the water, something in the water, that makes me love you like I do..." (Brooke Fraser). Keine Ahnung, was das zu bedeuten hat. Das muss ich erwähnen, da dieser Refrain  mich für Stunden gepackt hielt, aber ich kann es nur so im Raum stehen lassen...
Nachdem ich Imkes Rhythmus aufnahm und neue Kraft für die letzten 20 km spürte, kam ein ungeheuerlicher Endorphindrang in mir auf. JA, ich wollte dieses Ding umrunden! JA, ich kann das schaffen!
Im Ziel galt dann alle Aufmerksamkeit dem holländischen Sieger Lantink, der die 75km-Runde in irren 5:02h geschafft hatte und sich auf den Spartathlon vorbereitete.


Im Ziel mit der strahlenden Siegerin der Frauen, Imke Constien, die mich ein gutes Stück des Laufes mitzog und inspirierte:

(alle Fotos vom Veranstalter)

Mit der Zielzeit von 6:41h stehe ich auf Rang 51 der bisher 426 Müritzumrunder. Ich finde, das ist eine geile Leistung für das erste Mal. Die Beine sind natürlich ziemlich fertig, aber wen interessiert das schon? Ich wackel zu unserer Turnhalle, genieße die warme Dusche und dazu ein Bierchen. 
Als ich danach noch ganz allein die tapferen Zieleinläufe der langsameren Läufer gemütlich beobachte und beklatsche, realisiere ich erst nach und nach, was heute passiert ist. Alles Erlebte, Gesehene, Gefühlte bäumt sich noch einmal in mir auf und es fließen ein paar stille Freudentränen.
Am Abend gehe ich mit zwei anderen Läufern am Hafen in ein Fischrestaurant, dann auf in die zweite Nacht in der Turnhalle. Dieser Urlaub hat sich gelohnt!
Insgesamt ein gut organisierter Lauf, insbesondere die Turnhallenoption ist empfehlenswert. An der Strecke braucht man einen langen Atem, da teils nicht viel los ist. Auch für Leistungsorientierte wegen des flachen Profils ein interessanter Lauf. Hier komm ich noch mal her, wenn auch wahrscheinlich nicht gleich im nächsten Jahr.