Mittwoch, 13. Juni 2012

Bericht vom Skatstadt-Marathon am 09.06.2012

Kurzinfo:
Etwas zu warm, dafür aber tolle Stimmung in ABG. Überraschender Gesamtsieg in neuer Bestzeit von 2:51:12 h!

Bericht:
Die rührigen Organisatoren des Skatstadtmarathons haben am Vorabend wieder eine Laufgröße in den Goldenen Pflug geladen, diesmal Waldemar Cierpinski. Nachdem wir in bester Stimmung unsere Startunterlagen holten und aßen, hingen wir gespannt an Waldemars Lippen. Der sympathische 61-Jährige spricht in kleinen Anekdoten über Training, Olympia und persönliche Erlebnisse. Er ist ein wahrer Champ, bodenständig, klug und immer das Ziel im Blick. Seine Autogrammkarte werde ich in Ehren halten.
Ich bekam ganz nebenbei die hohen Erwartungen an meine eigene Leistung zu spüren, als Favorit wurde ich zuvor bei noch keinem Rennen gehandelt. Favoriten können eigentlich nur verlieren. Je mehr sie sich diese Rolle annehmen, desto wahrscheinlicher wird die Niederlage. Ich sehe mich ganz sicher nicht als Favorit. Zum Einen, weil ich meine Leistung -verglichen mit den Siegerzeiten der Vorjahre- realistisch einschätze und zum Anderen, weil ich lieber mental "hungrig" an den Start gehe.
So kann ich auch entspannt schlafen und das Rennen in Ruhe durchträumen (ich werde Zweiter in 2:56 h). Ein warmer Tag kündigt sich an, viel zu warm für einen schnellen Marathon. Für das "Ereignis Skatstadtmarathon" ist es traumhaft und wohl verdient. Die Anmeldezahlen übersteigen heute die Marke von 2800 - das ist Wahnsinn für eine Stadt wie Altenburg und neuer Rekord! Irgendetwas machen die Jungs und Mädels vom ausrichtenden Kanuverein (KLV) anders als andere. Wahrscheinlich sind es die vielen Kleinigkeiten, die diesen Lauf so freundlich machen und aus der Masse abheben.
Fast eine Stunde vor dem Start bin ich im Pflug, trinke viel, laufe mich locker ein, beobachte die Sonne mit einem freudigen und einem besorgten Auge. Viel zu warm... Es scheint für viele Menschen befremdlich zu sein, wenn halbnackte Männer schwitzend an der eigenen Haustür vorbei rennen. Diese Erfahrung habe ich bereits in Erfurt und Gera gemacht, daher beschließe ich wider alle Vernunft, MIT T-Shirt zu laufen. Aus Anstand und so. Außerdem will ich das Shirt mit dem Aufdruck "Team Skatstadtmarathon" nach so vielen Ausflügen in der Region auch endlich mal in Altenburg tragen.
Am Start, den ich viel zu spät erreiche, sehe ich Steven Michel. Ihn traf ich 14 Tage vorher schon mal beim Training im Stadtwald, er ist mein Favorit für heute. Wahrscheinlich wird er den Streckenrekord angreifen. Auch unterhalte ich mich mit dem Hünen Carsten Hennig -dem Vorjahresdritten-, der leider nicht so viel Zeit zum Trainieren hatte. Es sind bereits hunderte Zuschauer auf dem Markt, die Stimmung ist fröhlich-gespannt. Pünktlich um 9 gibt Bürgermeister Wolf den Startschuss und wir jagen davon!
Eine schnelle Fünfergruppe setzt sich gleich ab, Steven an der Spitze. Nach den guten Erfahrungen auf dem Rennsteig, die ich mit dem Konzept "ruhiger Start = langer Atem hintenraus" gemacht habe, bleibe ich zurück und laufe kontrolliert mit einem Schnitt um die 3:55 min/km auf den ersten km.
Es zeigt sich, dass die Jungs offenbar zu schnell starteten, kurz vor dem ersten V-Punkt habe ich bereits drei überholt und bin selbst bereits recht klamm und durchgeschwitzt. Mein Shirt lasse ich hier mit der Bitte, dieses beim KLV abzugeben, was auch prima klappt. Kurz darauf bin ich auf dem zweiten Rang und gewinne Abstand - nach vorn und nach hinten. Es ist nun das erwartete Rennen: Steven liegt auf Rekordkurs, ich versuch die 3 Stunden zu knacken. Hin und wieder nehme ich etwas Tempo raus, wenn es zu scharf wird.

km 30, ein warmer und schöner Tag, Foto: Andreas Pautzsch

Nach den Kilometern an der Umgehung und der musikalischen Umrahmung unter der "Honda"-Brücke bei km 11 erreichen wir nach knapp 12 km wieder die Stadt, auf den Straßen, in den Gärten feuern uns die Anwohner an. Es war eine kluge Entscheidung der Organisatoren, dieses Mal etwa alle 2,5 km einen Versorgungspunkt einzurichten - die Sicherheit, bei dieser Wärme ausreichend Getränke zur Verfügung zu haben, ist Gold wert. Gegessen habe ich heute gar nichts, nur vier Gels weggelutscht.
Die vielen kleinen Anstiege auf häufig wechselndem Untergrund erfordern volle Aufmerksamkeit auf dem Stadtteil der Strecke, dafür wird man durch die vielen positiven Eindrücke nach vorn getrieben. Besonders in Erinnerung blieb die fette Musik auf dem Anstieg zum Schloßpark (ich hatte Tränen in den Augen) und die rot gekleideten Spielleute oben im Park - so viel Adrenalin schon nach 19 km!
Als wir den Markt überqueren, um in die zweite Runde zu starten, beträgt Stevens Vorsprung geschätzte 3-4 Minuten, meine Zeit etwa 1:24 h, ausreichend Polster für die 3-Stunden-Grenze. Im Schnitt waren es 4:00 min/km, angepeilt waren 4:10.
Auf der zweiten Runden befinden sich viele Walker und Läufer anderer Distanzen auf der Strecke, diese sind durchgängig rücksichtsvoll und nett, es gibt keinerlei Behinderungen. Viele feuern mich sogar an - danke an alle, ich konnte leider nicht immer antworten. Manche rufen mir auch den Rückstand auf Steven zu. Das sind natürlich alles nur Schätzungen, aber offenbar beträgt der Abstand schon 6 Minuten. Als zwei Walker rufen, der Erste hätte Seitenstechen, halte ich das für einen gut gemeinten Scherz, um mich anzuspornen. So rolle ich halbwegs kraftvoll dahin, bei km 30 treffe ich wieder Andreas Pautzsch, er meint, dass Steven nur noch knapp vor mir sei, obwohl ich ihn nicht sehe. Hey Leute, ich lauf doch schon schnell, ihr braucht mich nicht noch mehr zu motivieren!! :-)

Dem Ziel entgegen, Foto: Klaus Duwe

Aber Andreas hat Recht, bei km 31 ist die Radbegleitung des Marathonführers auszumachen, langsam schließe ich auf und kann Steven überholen. Der Radfahrer bleibt nun bei mir und hupt und ruft mir den Weg frei! Aber er gibt auch ein zügiges Tempo vor, unwillkürlich will man ihn einholen. Reiß dich zusammen, laufe deinen Stil! Danke an den Radler, diese Aufgabe kostet sicher eine Menge Konzentration und Feingefühl.
An der Wendestelle am Weißen Berg (km 36,5) sehe ich keinen unmittelbaren Verfolger, brauche kein volles Risiko zu gehen. Auf den letzten 5 km durch die Stadt grüßen und rufen die Altenburger, "Mit"-läufer klatschen, die Musik gibt einen trommelnden Takt vor - was für ein tolles Gefühl in dieser großartigen Atmosphäre!
Während des Zieleinlaufes auf den letzten 100 Metern habe ich den ersten und einzigen Krampf des Laufes. Dies nur als Erklärung für das recht martialische Zielfoto in der OVZ :-)


Finito  Foto: Kurt Egermann

Zweiter wird in 3:09 h Jahn Volker aus Leipzig-Leutzsch, Dritter Alexander Vieth aus Hohenstein in 3:10 h.
Nach dem Lauf fühle ich mich keineswegs platt, erhalte sogar eine Massage und kann noch duschen, bevor die Siegerehrung beginnt. Es sind so viele Preise, dass man sie kaum transportieren kann - danke an alle Sponsoren!
Der größte Dank aber gilt dem KLV. Leute, ihr seid irre! Wenn ihr jedes Jahr die Superlative des Vorjahres noch übertreffen wollt, wo soll denn die Reise noch hingehen? Organisatorisch ist nach oben kaum noch Luft, die Stimmung dank Stefan Bräuer und den Bands/Spielleuten suuuuper.

D A N K E  -  D A N K E  -  D A N K E

Euer Botschafter (auch 2013)

2 Kommentare:

  1. Klaus Duwe (marathon4you.de) schreibt in seinem Artikel:

    "[...]Der erste Marathoni, der mich heute überholt ist Steven Michel, der Sieger des Vorjahres. Diesmal gewinnt er nicht. Ein anderer Steffen macht das Rennen, der vom Rennsteiglaufverein. Er hat sich den Oberkörper frei gemacht, wirkt auch auf der leicht ansteigenden Passage ziemlich locker und frisch und erwidert sogar noch die Anfeuerungen der anderen Läufer. So sehen Sieger aus. [...]"

    --> Danke Klaus! :-) Das Glück war mir hold an diesem Tag

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  2. Silvio Waldheim20. Juni 2012 um 09:58

    Damit Du auch mal weißt, wer Dich zum Schnupperlauf von der Seite angequatscht hat.
    Voll die krasse Leistung!! Glückwunsch!! Leider habe ich Dich nur am Start kurz gesehen. :-)

    Wir sehen uns am 30.09. - sicher auch nur am Start.

    Viel Glück für die Zugspitze.

    Viele Grüße aus Altenburg
    Silvio Waldheim

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