Donnerstag, 28. Juni 2012

Bericht vom Zugspitz-Ultratrail am 23.06.2012

Kurzinfo:
Hochalpine Zugspitzumrundung, überwiegend ein Gewaltmarsch über echte „Trails“ auf echte Berge. Einhundert brutale km mit 10840 hm (je 5420 auf- u. absteigend). Gesamtplatz 37 von 299 Finishern (ca. 390 gestartet). Glücklich, es in 16:18:50 h überhaupt geschafft zu haben.

Bericht:
In schneller Folge reihen sich diesen Sommer die Wettkämpfe aneinander. Noch vor 14 Tagen im gleichmäßig schnellen Marathontempo erfolgreich, soll dieser Kurzurlaub an der deutsch-österreichischen Grenze nun ein völlig anderes Erlebnis werden. Start- und Zielpunkt dieses Laufes um das Wettersteingebirge inkl. Zugspitze ist der Ort Grainau, südlich von Garmisch-Partenkirchen.

Der ZUT wird vom professionellen Veranstalter PLAN B in Kooperation mit Salomon organisiert, entsprechend hochwertig ist das Startpaket: Ein ordentlicher Laufrucksack von Salomon (Modell XA20, der sofort zum ersten Einsatz kommt), 20-Euro-Gutschein für einen lokalen Sportausstatter (nicht verwendet), Kartenmaterial, Nahrungsergänzungsmittel, diverse Kosmetik-Probierpäckchen, Finishershirt im Ziel, Startnummernband, etc. – ein gutes Preis-/Leistungs-Verhältnis für 110 Euro Startgebühr.

Höhenprofil


Es wurde folgende - für diesen alpinen Höllenritt angemessene - Pflichtausrüstung vorgeschrieben:
- lange wasserfeste Überbekleidung
- warmes Shirt
- Mütze & Handschuhe
- Notfallausrüstung (Erste-Hilfe-Set, Rettungsdecke, Pfeife)
- Stirnlampe inkl. Ersatzbatterien
- Mindestens 1,5 Liter Wasserbehälter
- Personalausweis, Handy

Allerdings wurde ich nicht kontrolliert, auch andere scheinbar nicht oder sehr selten.

Der Start erfolgt am Samstagmorgen um 7:15 Uhr bei bestem Wetter. Etwa 400 Ultratrail-Läufer verlassen Grainau, zunächst angeführt von einer bayrischen Trommlerkapelle und unter dem Jubel vieler Zuschauer. Da ich fast ganz hinten heraus starte, gestalten sich die ersten Kilometer als gemütliches Eintraben in enger Gesellschaft, da es sogleich auf schmalen Pfaden bergan geht. Die Wege sind schon jetzt derart steil, dass an ein Rennen oft gar nicht zu denken ist. WAS HABE ICH MIR EIGENTLICH DABEI GEDACHT, HIER UND HEUTE MEINEN ERSTEN HUNDERTER ZU BESTREITEN???

Nach 2,5 Stunden sind Shirt und Hose klitschnass geschwitzt, ich quäle mich unter Einsatz meiner Stöcke eine Ski-Abfahrtspiste hinauf – und habe gerade mal schlappe 18 km absolviert! Endlos können sich 100 horizontal gemessene Meter ziehen, wenn man sie bergauf steigen muss. Und zehn Mal diese Mühen bringen gerade mal einen einzigen Kilometer! Und davon will ich heute Einhundert schaffen??!


Der Großteil der bunt gemischten Läuferschar (aus über 20 Nationen) schreitet ebenso konzentriert voran, die Hälfte verwendet Stöcke. Lediglich beim Schuhwerk ist festzustellen, dass meine löchrigen Saucony Jazz (gekauft 2008, mindestens 5500 km auf dem Buckel) heute wohl nicht die richtige Wahl sind. Ich muss mir eingestehen, dieses Abenteuer unterschätzt zu haben, insbesondere die Bodenbeschaffenheit. Hier gibt es selten mal echte Wege, meist „laufen“ wir auf Geröll, im Matsch, durch Bäche, über Schneefelder, nasse Wiesen.

Nach 4,5 Stunden und nur 30 km (!!!) erreichen wir eine Höhe von über 2200 Metern, der kalte Wind kann uns diese traumhafte Aussicht hier oben nicht verderben – wunderschön! Wir sind weit oberhalb der Baumgrenze, Wolken hängen in den Bergen, im Tal unter uns die verwegene Brut bunter Ultraläufer. Wie ich später erfahre, liege ich etwa an Position 50, aber das ist mir jetzt egal. Nur zügig wieder runter von dieser Höhe! Das Bergablaufen (oft ist es ein Steigen) ist für die Flachländer-Muskulatur eine ungewohnte Belastung und bald regen sich Schmerzen an bisher unbeachteten Stellen, z.B. den Innenseiten der Oberschenkel.

Hin und wieder überqueren wir steile Schneefelder, natürlich rutsche ich anfangs sofort aus und gehe zu Boden, verliere meine Stöcke, rutsche nach unten ab, sitze nach ein paar Metern halb schneebedeckt mit einem Krampf recht hilflos da und spüre einen gewissen Anflug von … Ungewissheit. Krampf wegdehnen! Aufrappeln! Schnee abputzen! Stöcke einsammeln! Weiter, bloß nicht auskühlen!

Hier und jetzt ist der falsche Zeitpunkt, um mit den vergangenen Entscheidungen zu hadern. Warum verflucht dieser Lauf? Warum zur Hölle diese Schuhe? NEIN! Hier und jetzt sammle ich schlicht Erfahrungen für die Zukunft und bin nun einzig in der Lage, demütig und zäh meinen Weg zu gehen. Wann kommt die nächste Versorgungsstation? Welcher Umgang mit den Stöcken hilft mir bergab am meisten? Was werde ich essen und trinken?

Den zerbrochenen Stock in der Linken

Nach 7 Stunden und 46 km bin ich meist allein unterwegs, verbrauche meine 2 Liter Wasser immer vollständig vor der nächsten Station, obwohl es hier ca. alle 9 - 14 km eine gibt. Es ist sehr warm, aber das empfinde ich als angenehm heute. Die Krämpfe werde ich zwar nicht mehr recht los, aber meinen Rhythmus habe ich gefunden. Leider werde ich mit Sicherheit in die Nacht hinein laufen, das wollte ich irgendwie vermeiden. Doch hier gelten andere Gesetze, ich will nur noch gesund ankommen.

Einmal rutsche ich auf schlammiger Wiese aus, lande auf dem Hintern, zerbreche mein Salzdöschen, zerstöre einen meiner Stöcke und habe dennoch Glück gehabt – ringsum liegt überall felsiges Geröll, ein Aufschlag dort und der Lauf wäre für mich vorbei. Den kaputten Stock nehme ich mit zur nächsten Station, der hat in der Natur nichts verloren.

Andreas Pautzsch gab mir vor einer Woche den Tipp, unterwegs von der Möglichkeit des Schuh- und Kleiderwechsels Gebrauch zu machen. Nach 55 km war es soweit, ich machte eine längere Rast, aß ordentlich und wechselte Socken und Schuhe. Was für eine Wohltat - das wirkte echt Wunder!

Bedauerlicherweise folgt meiner „Fressorgie“ eine längere Flachstrecke, die man einfach rennen muss! Das Essen schaukelt sich durch meinen Magen, jetzt hätte ich eine Bergwanderung bevorzugt – na egal.

Zwischendurch überholt man den einen oder anderen Läufer, um dann (z.B. an einer Station) wieder von diesem überholt zu werden. Bäumchen-wechsel-dich-Spiele um sich zu motivieren. Mit einem besonders netten Exemplar werde ich die nächsten Stunden gummibandmäßig „zusammen“ unterwegs sein: Ingmar Herrmann aus Berlin.

Um mich zu motivieren, sagt er, wir hätten ja nur noch einen Halbmarathon vor uns. Leider stehen wir aber erst bei km 67. Als kleinen Ausgleich für den Motivationsdämpfer, den ich ihm verpasse, als ich ihm dies sage, laufen wir nun erstmals auf das Feld der Supertrailläufer auf. Diese 68-km-Läufer starteten im Leutaschtal, welches wir eben durchliefen, und haben das gleiche Ziel wie wir. Es tut der geschundenen Seele gut, hin und wieder einen Läufer zu überholen, ihn zu grüßen, von ihm angefeuert zu werden.

Nach 12,5 Stunden sind nun 81 km geschafft. Das war die Distanz der Brockenchallenge im Februar, mein bisher „größter Wurf“ – jetzt folgt Neuland. Uns erwartet der heftigste Anstieg des gesamten Laufs: 1200 ansteigende Höhenmeter am Stück, hoch zur Alpspitze auf über 2000 m.

Nach 13 Stunden und 85 km gibt mein Garmin Forerunner den Geist auf. Eigentlich hätte er länger halten sollen, vielleicht hat der geladene ZUT-Kurs dem Akku stärker zugesetzt als es normalerweise der Fall wäre. Von jetzt an also ohne Uhr und km-Angaben. Hab das eh kaum genutzt heute und der Kurs ist vorbildlich markiert.

An der Station 400 Höhenmeter unterhalb der Alpspitze treffe ich kurz Falk Hübner aus Berlin, mit dem ich „gemeinsam“ auf dem Rennsteig an der 6-Stunden-Marke scheiterte. Hinterher erzählt er mir, dass er in Vorbereitung solcher Läufe wie dem ZUT gern mal drei Marathons an drei Tagen hintereinander läuft – oh man! Falk war bereits auf der Alpspitze oben und ist nun bereits gut gelaunt auf dem finalen Abstieg, er ist heute gut 1,5 Stunden schneller als ich.

Kurz vorm Verlassen der Station fange ich spontan an zu frieren, ich zittere wie Espenlaub, ziehe mir schnell meine Jacke drüber und die Fleecekapuze. Weiter, nicht auskühlen! Will nicht so enden, wie manche, die entkräftet hier in Rettungsdecken gewickelt ihrer Abholung harren. Auch die Stirnlampe wird startklar gemacht, immerhin bricht so langsam die Nacht herein.

Während des Gewaltmarsches nach oben holt mich Ingmar wieder ein, der Teufelskerl hat noch Kraft, bergauf zu rennen und wir freuen uns, dass wir bis hierher ganz gut durch kamen.

Als wir endlich oben sind, realisieren wir die verbleibende Gefällstrecke von 10 km bis Grainau nur noch als „Rest“. Ich spüre wieder eine riesige Energie in mir, knipse die Stirnlampe an und steige/trabe gut gelaunt dem Ziel entgegen, muss sogar meinen Übermut bremsen und das Tempo drosseln, um nicht auszurutschen – hier ist das definitive Ende des Laufs jederzeit zum Greifen nahe, wenn man hart zu Fall kommt.

Nur noch 3 km! Es sind nun bereits 16 Stunden vergangen, es ist nach 23 Uhr. Das glimmende Grainau liegt wunderschön unter uns. Ich fühle mich federleicht! Leider lande ich doch noch einmal unsanft auf dem Boden, berappel mich aber schnell wieder und lege auf den letzten 2 km auf flachem Asphalt einen wahren Sprint hin! Jubelnde Zuschauer, der Weg mit Fackeln markiert, Lautsprecheransagen vom Zielbereich her – was für ein großartiges Finale!

Schmutzig und fertig, aber sehr glücklich

Nach 16:18:50 Stunden ist nun Schluss, viele Läufer werden erst ankommen, wenn ich bereits am nächsten Morgen wieder aufstehe, Zielschluss ist erst gegen 9 Uhr morgens – Respekt für alle, die dieses Ding durchstehen!!

Meine Erkenntnisse des Tages:
- Ein Flachländer braucht keine 5420 Höhenmeter zum Glücklichsein
- 100 km sind durchaus machbar
- Wer Trails läuft, braucht Trailschuhe
- Wer Marathon läuft, kann auch 16 Stunden (und mehr?) laufen

Der eigentliche Grund für meine Teilnahme an genau diesem Lauf war das Sammeln von 3 Qualifizierungspunkten für den UTMB. Doch ich habe am Samstag meine Meinung geändert, möchte den UTMB nun bis auf Weiteres nicht laufen. Alles hat seinen Reiz, besonders natürlich die Alpen. Aber alles hat eben auch seinen Preis. Da ich nicht hinreichend alpin trainieren kann, wäre der UTMB eine Quälerei für mich und würde mich von anderen Zielen ablenken, die mir vielleicht eher liegen.

Montag, 18. Juni 2012

Bericht vom Rennsteig-Etappenlauf am 16.06.2012

Kurzinfo:
Nu Pagadi! - Die Wölfe fingen so manchen Hasen,
man sah sie lachen und schwitzen und rasen!

Bericht:
Mit hungrigen Herzen und müden Knochen waren die Wölfe von Nu Pagadi um 6 Uhr in Blankenstein am Start, um 236 Hasenstaffeln ins etwa 170 km entfernte Hörschel zu jagen.
Als scheue Waldbewohner taten sie sich schwer beim Verlassen des Waldes, vor allem weil draußen die unbarmherzige Sonne lauerte und dem altersweisen Isegrim so manche Schweißperle auf den Pelz malte. 

Dank kluger Rudeltaktik war aber Wasser auf Rädern stets zu Stelle, wenn den Wolf der Mut verließ und weit und breit kein Häschen mehr zu sehen ward.
Den einzigen Gegener, den sie klar schlugen, war der Regen. Unter Einsatz allen meteorologischen Wissens, welches in einem erfolgreichen Rennsteigjahrzent von "Nu Pagadi" gesammelt wurde, gelang dieses Ausweichmanöver.
Etwas aus dem Blick geriet dabei der erhoffte Zieleinlauf um 20 Uhr, das verbissene Ziel der wilden Rotte. Doch weil auch viele Hasen heute vom Wettergott noch ärger bedrängt wurden als von den Wölfen, gelang das Zauberstück: Langsamer laufen = besser platzieren.
Nur 40 Hasenfamilien konnten so entrinnen - das Wolfsgeheul stets drohend im Genick!
So endete das Jagen nach 14:12 h, aber wartet nur Hasen - nächstes Jahr kriegen wir euch alle!


Sie pfeifen auf den Stein der Weisen: NU PAGADI


Mittwoch, 13. Juni 2012

Bericht vom Skatstadt-Marathon am 09.06.2012

Kurzinfo:
Etwas zu warm, dafür aber tolle Stimmung in ABG. Überraschender Gesamtsieg in neuer Bestzeit von 2:51:12 h!

Bericht:
Die rührigen Organisatoren des Skatstadtmarathons haben am Vorabend wieder eine Laufgröße in den Goldenen Pflug geladen, diesmal Waldemar Cierpinski. Nachdem wir in bester Stimmung unsere Startunterlagen holten und aßen, hingen wir gespannt an Waldemars Lippen. Der sympathische 61-Jährige spricht in kleinen Anekdoten über Training, Olympia und persönliche Erlebnisse. Er ist ein wahrer Champ, bodenständig, klug und immer das Ziel im Blick. Seine Autogrammkarte werde ich in Ehren halten.
Ich bekam ganz nebenbei die hohen Erwartungen an meine eigene Leistung zu spüren, als Favorit wurde ich zuvor bei noch keinem Rennen gehandelt. Favoriten können eigentlich nur verlieren. Je mehr sie sich diese Rolle annehmen, desto wahrscheinlicher wird die Niederlage. Ich sehe mich ganz sicher nicht als Favorit. Zum Einen, weil ich meine Leistung -verglichen mit den Siegerzeiten der Vorjahre- realistisch einschätze und zum Anderen, weil ich lieber mental "hungrig" an den Start gehe.
So kann ich auch entspannt schlafen und das Rennen in Ruhe durchträumen (ich werde Zweiter in 2:56 h). Ein warmer Tag kündigt sich an, viel zu warm für einen schnellen Marathon. Für das "Ereignis Skatstadtmarathon" ist es traumhaft und wohl verdient. Die Anmeldezahlen übersteigen heute die Marke von 2800 - das ist Wahnsinn für eine Stadt wie Altenburg und neuer Rekord! Irgendetwas machen die Jungs und Mädels vom ausrichtenden Kanuverein (KLV) anders als andere. Wahrscheinlich sind es die vielen Kleinigkeiten, die diesen Lauf so freundlich machen und aus der Masse abheben.
Fast eine Stunde vor dem Start bin ich im Pflug, trinke viel, laufe mich locker ein, beobachte die Sonne mit einem freudigen und einem besorgten Auge. Viel zu warm... Es scheint für viele Menschen befremdlich zu sein, wenn halbnackte Männer schwitzend an der eigenen Haustür vorbei rennen. Diese Erfahrung habe ich bereits in Erfurt und Gera gemacht, daher beschließe ich wider alle Vernunft, MIT T-Shirt zu laufen. Aus Anstand und so. Außerdem will ich das Shirt mit dem Aufdruck "Team Skatstadtmarathon" nach so vielen Ausflügen in der Region auch endlich mal in Altenburg tragen.
Am Start, den ich viel zu spät erreiche, sehe ich Steven Michel. Ihn traf ich 14 Tage vorher schon mal beim Training im Stadtwald, er ist mein Favorit für heute. Wahrscheinlich wird er den Streckenrekord angreifen. Auch unterhalte ich mich mit dem Hünen Carsten Hennig -dem Vorjahresdritten-, der leider nicht so viel Zeit zum Trainieren hatte. Es sind bereits hunderte Zuschauer auf dem Markt, die Stimmung ist fröhlich-gespannt. Pünktlich um 9 gibt Bürgermeister Wolf den Startschuss und wir jagen davon!
Eine schnelle Fünfergruppe setzt sich gleich ab, Steven an der Spitze. Nach den guten Erfahrungen auf dem Rennsteig, die ich mit dem Konzept "ruhiger Start = langer Atem hintenraus" gemacht habe, bleibe ich zurück und laufe kontrolliert mit einem Schnitt um die 3:55 min/km auf den ersten km.
Es zeigt sich, dass die Jungs offenbar zu schnell starteten, kurz vor dem ersten V-Punkt habe ich bereits drei überholt und bin selbst bereits recht klamm und durchgeschwitzt. Mein Shirt lasse ich hier mit der Bitte, dieses beim KLV abzugeben, was auch prima klappt. Kurz darauf bin ich auf dem zweiten Rang und gewinne Abstand - nach vorn und nach hinten. Es ist nun das erwartete Rennen: Steven liegt auf Rekordkurs, ich versuch die 3 Stunden zu knacken. Hin und wieder nehme ich etwas Tempo raus, wenn es zu scharf wird.

km 30, ein warmer und schöner Tag, Foto: Andreas Pautzsch

Nach den Kilometern an der Umgehung und der musikalischen Umrahmung unter der "Honda"-Brücke bei km 11 erreichen wir nach knapp 12 km wieder die Stadt, auf den Straßen, in den Gärten feuern uns die Anwohner an. Es war eine kluge Entscheidung der Organisatoren, dieses Mal etwa alle 2,5 km einen Versorgungspunkt einzurichten - die Sicherheit, bei dieser Wärme ausreichend Getränke zur Verfügung zu haben, ist Gold wert. Gegessen habe ich heute gar nichts, nur vier Gels weggelutscht.
Die vielen kleinen Anstiege auf häufig wechselndem Untergrund erfordern volle Aufmerksamkeit auf dem Stadtteil der Strecke, dafür wird man durch die vielen positiven Eindrücke nach vorn getrieben. Besonders in Erinnerung blieb die fette Musik auf dem Anstieg zum Schloßpark (ich hatte Tränen in den Augen) und die rot gekleideten Spielleute oben im Park - so viel Adrenalin schon nach 19 km!
Als wir den Markt überqueren, um in die zweite Runde zu starten, beträgt Stevens Vorsprung geschätzte 3-4 Minuten, meine Zeit etwa 1:24 h, ausreichend Polster für die 3-Stunden-Grenze. Im Schnitt waren es 4:00 min/km, angepeilt waren 4:10.
Auf der zweiten Runden befinden sich viele Walker und Läufer anderer Distanzen auf der Strecke, diese sind durchgängig rücksichtsvoll und nett, es gibt keinerlei Behinderungen. Viele feuern mich sogar an - danke an alle, ich konnte leider nicht immer antworten. Manche rufen mir auch den Rückstand auf Steven zu. Das sind natürlich alles nur Schätzungen, aber offenbar beträgt der Abstand schon 6 Minuten. Als zwei Walker rufen, der Erste hätte Seitenstechen, halte ich das für einen gut gemeinten Scherz, um mich anzuspornen. So rolle ich halbwegs kraftvoll dahin, bei km 30 treffe ich wieder Andreas Pautzsch, er meint, dass Steven nur noch knapp vor mir sei, obwohl ich ihn nicht sehe. Hey Leute, ich lauf doch schon schnell, ihr braucht mich nicht noch mehr zu motivieren!! :-)

Dem Ziel entgegen, Foto: Klaus Duwe

Aber Andreas hat Recht, bei km 31 ist die Radbegleitung des Marathonführers auszumachen, langsam schließe ich auf und kann Steven überholen. Der Radfahrer bleibt nun bei mir und hupt und ruft mir den Weg frei! Aber er gibt auch ein zügiges Tempo vor, unwillkürlich will man ihn einholen. Reiß dich zusammen, laufe deinen Stil! Danke an den Radler, diese Aufgabe kostet sicher eine Menge Konzentration und Feingefühl.
An der Wendestelle am Weißen Berg (km 36,5) sehe ich keinen unmittelbaren Verfolger, brauche kein volles Risiko zu gehen. Auf den letzten 5 km durch die Stadt grüßen und rufen die Altenburger, "Mit"-läufer klatschen, die Musik gibt einen trommelnden Takt vor - was für ein tolles Gefühl in dieser großartigen Atmosphäre!
Während des Zieleinlaufes auf den letzten 100 Metern habe ich den ersten und einzigen Krampf des Laufes. Dies nur als Erklärung für das recht martialische Zielfoto in der OVZ :-)


Finito  Foto: Kurt Egermann

Zweiter wird in 3:09 h Jahn Volker aus Leipzig-Leutzsch, Dritter Alexander Vieth aus Hohenstein in 3:10 h.
Nach dem Lauf fühle ich mich keineswegs platt, erhalte sogar eine Massage und kann noch duschen, bevor die Siegerehrung beginnt. Es sind so viele Preise, dass man sie kaum transportieren kann - danke an alle Sponsoren!
Der größte Dank aber gilt dem KLV. Leute, ihr seid irre! Wenn ihr jedes Jahr die Superlative des Vorjahres noch übertreffen wollt, wo soll denn die Reise noch hingehen? Organisatorisch ist nach oben kaum noch Luft, die Stimmung dank Stefan Bräuer und den Bands/Spielleuten suuuuper.

D A N K E  -  D A N K E  -  D A N K E

Euer Botschafter (auch 2013)