Donnerstag, 2. Januar 2014

Bericht vom GettingTough-Race Rudolstadt am 07.12.2013

Kurzinfo:
Bergiger Crosslauf mit knapp 100 Hindernissen auf 23 km und 900 Höhenmetern. Lande auf Platz 13 von 900 Finishern in 2:30 h. Alle Ergebnisse hier.

Bericht:
Das Medienecho der Erstauflage dieses Laufes Ende 2012 ging an mir natürlich nicht vorbei. Nach der Spontanreaktion a lá "ist nur was für Spinner" gefiel mir der Gedanke, so ein Rennen mal zu probieren, doch immer besser. Trotzdem geriet die zweite Auflage wieder in Vergessenheit, bis mich eine Kollegin wieder darauf brachte..., tja... und ich mich spontan anmeldete, wenige Wochen vor dem Rennen.
Jetzt begann eine rasante Recherche, um herauszufinden, was die Läufer wirklich erwartet. Der harte Kern des GettingTough-Vereins hatte schon ein paar einschlägige Videos hochgeladen. Sehr häufig sah man darauf nackte Oberkörper in winterlicher Landschaft, martialisch bemalte Gesichter und: Tauchgänge in kaltem Wasser. Das kann ja heiter werden!
Mein geringes Lauftraining (ca. 60 km pro Woche) konnte ich jetzt erweitern um ein paar gelegentliche Abstecher in die Pleiße. Da die Pleiße durchschnittlich nur 40 cm Tiefe hat, ist das Tauchen gar nicht so einfach, aber es gibt geeignete Stellen. Zu diesem Zweck lege ich mein T-Shirt und die Laufjacke ab, mache ein paar Liegestütze, gehe eine Minute ins Wasser, mache wieder Liegestütze, ziehe mich an, laufe langsam weiter. Zweimal werde ich dabei überrascht, wie ich halbnackt aus dem Wasser komme (bei 5° Celsius), da hilft nur "lächeln und winken" (die Gusche ist dann meistens so kalt, dass eh nix Verständliches raus käme..) :-)


 Auch auf die Crosselemente des Laufs versuche ich mich gezielt vorzubereiten, indem ich versuche, kilometerlange, gerade Linien zu laufen und Hindernisse dabei bewusst anzunehmen. Während dieser doch recht speziellen Laufeinheiten spüre ich schon so eine innere Befriedigung, so eine absolute Freiheit von Hemmnissen, wie ich sie lange nicht hatte. Man läuft einfach 5 km nach Norden. Gut. Jetzt 3 km nach Westen. Eine Flußquerung / ein Güterbahnhof / ein Wäldchen im Weg? Kein Problem mehr. Nur Eigentum wahre ich, um Privatgrundstücke mache einen Bogen, wie immer.
Da merkt man doch erst mal, was man vorher für ein Weichei war! Ich war ein Warmduscher, Über-Pfützen-Springer, Asphaltjogger und Wadendehner, doch jetzt seh' ich die Welt mit anderen Augen! Das ist nicht übertrieben, es ist wirklich ein geiles Gefühl!

Sprung über den Graben nicht geschafft...

Als der Tag des Rennens kam, war ich so denkbar gut vorbereitet (wie naiv!). Vorher besuchte ich noch eine Promo-Veranstaltung des GettingTough-Vereins an der Uni Jena. Die Jungs haben es geschafft, dem Rennen auch auf rationaler Ebene eine Basis zu schaffen, indem das gegenseitige Helfen, die regionale Verankerung, die Ernsthaftigkeit gegenüber der europäischen Konkurrenz usw. sehr gut dargestellt wurden.
Das Rennen selbst hat außerordentlichen Spaß gemacht, als erfahrener Läufer ging ich es eher langsam an. Die vielen kleinen, stakkato-artigen Anstiege (teils beladen mit Autoreifen) absolviere ich ohne an die Grenzen zu gehen. Die ersten 80% des Rennens kommen reinrassigen Läufern auf jeden Fall sehr entgegen, da fast alles rennbar ist. Danach beginnen die berüchtigten Hindernisse (NVA-Sturmbahn, ewig lange Kriechhindernisse auf Schotter!!!, Kletterwände, etc.), größter Scharfrichter sind erwartungsgemäß die Tauchhindernisse im Freibad.

Zwischen Tauchbecken und klappriger Holzbrücke
Zu diesem Zeitpunkt bin ich irgendwo an der Grenze der Top 20, hier im Feld sind alle noch gut drauf und absolvieren die Hindernisse konzentriert und zügig. Meine Hände sind leider völlig taub von der Kälte und die Waden zwiebeln. Die letzten Hindernisse sind wirklich hart (Slogan "The race that destroys you!"). Als der Körper im Ziel zur Ruhe kommt und sich der Bann des Wettkampfes legt, steigt sofort die Kälte hoch. Jetzt schnell in die Badewanne - danke an Jana, unsere tolle Gastgeberin! :-D

letztes Kriechhindernis

Endlich im Ziel

Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, dass der Endorphinrausch dieses Mal eine ganze Woche dauern wird, dieses Rennen hat definitiv etwas bewegt! Der ganzen Oberflächlichkeit, die uns oft begegnet, der Distanziertheit, in die wir oft gezwungen werden, schleuderte dieses Rennen eine scharfe Antwort aus tiefstem Herzen entgegen. Unabhängig davon, ob man es nun selbst tun würde oder nicht, das Springen in 4 Grad kaltes Wasser ist einfach ein sehr authentischer Vorgang.

Der Steinzeitläuferhund wurde gefüttert, satt ist er aber noch lange nicht.

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