Sonntag, 25. September 2011

Bericht vom Saale-Rennsteig-Marathon am 25.09.2011

Kurzinfo:
Marathonlauf vom tiefsten zum höchsten Punkt des Landkreises SLF (Uhlstädt auf 175m NN nach Piesau auf 731m NN). Schaffe überraschend den Gesamtsieg in 3:32h. Streckeninfo hier

Bericht:
Tja, wie beginnen solche Geschichten? Mit einem lauten Wecker um 5:30 Uhr vermutlich. Es scheint ein wettertechnisch viel versprechender Sonntagmorgen zu werden, also Tasche fertig packen, kleines Honigbrötchen gegessen und (Achtung: Geheimtipp!) eine Tupperdose mit Haferfrühstück für den Weg angerührt (Hafer- und andere Getreideflocken, Milch, Kakao, etwas Chia). Der Zug fährt gegen 7 Uhr, also auf zum Bahnhof. Es ist arschkalt, vor allem nach diesen vielen Sonnentagen. Aber es soll heute der wärmste Tag der Woche werden, die Marathonis in Berlin freuen sich schon auf 25 Grad :-)
So warm werden wir es im Wald nicht haben, aber ganz kurze Hose und dünnes Shirt sind Pflicht. Ich packe ganz bewusst keine Kompressionssocken ein, ich will ein letztes Mal dieses Jahr so viel Sonne und Wind wie möglich spüren.
Die Bahnverbindung ist ziemlich cool (1:14h, 2 Umstiege), ich bin ca. 30 min vor Start am Sportplatz in Uhlstädt. Ein paar Leute genießen bereits die frühen Sonnenstrahlen und ich erkenne Jörg wieder, der mir an der Müritz seinen Biergutschein geschenkt hatte. Obwohl er aus Fürstenwalde kommt, tourt er durch die halbe DDR, um heute in Piesau -ich wiederhole: PIESAU- statt am Brandenburger Tor ins Ziel einzulaufen. Netter Kerl. Er musste hier übernachten (er ist auch Zugfahrer) und mir dämmert, dass ich selbst auch bereits die Übernachtung inkl. Frühstück hier gebucht hatte. Das hatte ich völlig verschwitzt, meine Anmeldung für den Lauf ist ein halbes Jahr her. Oh man, ich werde alt! Es sind überhaupt viele außerthüringische Läufer am Start, etwa 2/3 kommen von außerhalb, natürlich überwiegend Franken und Sachsen. Und es sind viele Ultrahasen darunter, in so manch respektables Finishershirt sind die Recken gewandet. Auch Nicole Kresse  sehe ich am Start, die Siegerin der 100 Meilen in Fröttstädt.
Am Start sieht man an Laufkleidung alles zwischen "komplett lang und Mütze" und "ganz kurz" - typischer Herbstlauf! Der Bürgermeister entlässt uns nun mit feierlichen Worten auf die Strecke als die Uhr neun schlägt. START!


Wie immer bei so überschaubaren Starterfeldern (ca. 60 Läufer) versuche ich zunächst, die dritte Position nicht aus den Augen zu verlieren (so fern mein Körper dabei mitspielt) und erst mal warm zu werden. Tatsächlich erfahre ich aus kleinen Gesprächen während der ersten hundert Meter, dass sich im letzten Jahr viele Läufer verlaufen hatten und Umwege in Kauf nehmen mussten. Auch der Spruch "der Lauf beginnt erst wirklich in Saalfeld!" machte immer wieder die Runde. Klar, ein Blick ins Höhenprofil klärt auf:


Entsprechend entspannt verlaufen die ersten Kilometer, der Respekt vor der Strecke ist förmlich greifbar. An der dritter Position liegend, knapp unterhalb der Wohlfühlgeschwindigkeit erreiche ich Kolkwitz, den ersten V-Punkt (5,5 km). Die Jungs vom Jugendklub betreuen den Stand und ich glaube, sie hätten mir auch etwas Bier abgegeben, wenn ich gefragt hätte :-)
Der auf Platz zwei Liegende muss etwas abreißen lassen und bleibt zurück und für die restlichen 38 km des Laufes werde ich somit keinen anderen Läufer mehr sehen außer den derzeit direkt vor mir laufenden "schnellsten Küchenchef Thüringens" (laut Shirt, er heißt Marcus). Wir bewegen uns anfangs ausschließlich auf Asphalt und das Tempo ist angenehm. Der Reiz, schneller zu laufen ist schon da, aber bei diesem Höhenprofil wäre das jetzt Irrsinn.
Zwischenzeitlich wechseln wir mal die Führung, ich bummel aber immer an den V-Stellen und verliere ein paar Sekunden, somit bleiben wir erst mal zusammen. Wirklich wahnwitzig, riskant, Furcht einflößend fand ich Marcus' Geschwindigkeit, als er mich nach einem Kurzstop seinerseits auf einem irren Gefällstück (ab Dorfkulm) wiedermal überholte. Ich bin ja schon ein kranker Bergabläufer mit aller Härte, aber er holte aus seinen langen Beinen alles raus - bei einem Sturz wären wir sicher meterweit geflogen!
Wir erreichen Saalfeld im Doppelpack, 18 km sind geschafft und alles ist im grünen Bereich. Direkt an der Saale, in einem schönen flachen, riesigen Park werden wir versorgt. Hier starteten vor einer Stunde die 25-km-Läufer, von denen wir keinen mehr auf der Strecke sahen. So, jetzt also soll der Lauf beginnen, ich bin gespannt! Wir verlassen Saalfeld Richtung Eyba auf einem Schotterweg, das Höhenprofil oben spricht für sich, viel mehr ist nicht zu sagen. So lange es möglich ist, laufe ich tapfer durch und gewinne Abstand zu Marcus. Irgendwann entscheide ich mich aber, zu gehen, will nicht hier schon an die Grenzen stoßen.
Die Strecke bleibt jetzt immer anspruchsvoll, selbst bergab ist teils keine Erholung möglich, da die Strecke aberwitzig steil und schotterig ist, immer wieder gibt es Gelegenheit, sich an langen Anstiegen "abzuarbeiten". Dafür entlohnen die endlosen Blicke ins hügelige Umland - ein echter Spätsommertraum!
Im Großen und Ganzen bin ich überrascht, wie gut die Beine durchhalten, aber der Abstand zu Marcus ist nie größer als ein, zwei Minuten. Und selbst am vorletzten V-Punkt Gebersdorf (37 km) schafft er es, mich wieder zu überholen (ich bummel...). Diesmal kann ich ihn recht schnell wieder packen und kann an seiner Atmung hören, dass für mich heute hier mehr drin ist, als der ewige zweite Platz. Auf dem langen letzten Anstieg nach und in Piesau kann ich wieder zwei Minuten Abstand gewinnen und bis ins Ziel halten. Als die netten Piesauer auf dem Dorfplatz bei meiner Ankunft klatschen bin ich natürlich der glücklichste Mensch der Welt - ERSTER PLATZ! Zum ersten Mal überhaupt!



"Bälle flach halten, war doch nur Glück!" ;-)


Die Gesamtplatzierten 1 bis 3

Sofort nach Zieleinlauf wird mir ein Mikro ins Gesicht gehalten, darauf war ich nicht gefasst. Jetzt ein paar kluge Worte? Dürfte nicht geklappt haben ;-) aber dafür das einzig Wichtige hier noch mal in Kurzform:

"Danke an alle Organisatoren und die vielen Helfer an der Strecke für diesen geilen Lauf! Hier muss ich wieder her, klarer Fall!"

Der restliche Tag wird mit barfuß Auslaufen eingeleitet (ich bin noch laufhungrig nach 44km - gutes Zeichen!), danach duschen, Saalfelder Bier trinken und quatschen und die Sonne genießen - das Leben kann so schön sein! Nicole gewinnt souverän mit Streckenrekord die Frauenkonkurrenz, auch Jörg kommt noch glücklich ins Ziel. Bei ihm kann ich mich revanchieren, indem er diesmal meinen Getränkegutschein in Limo umsetzt.

(alle Fotos vom Veranstalter)

Dieser Lauf ist durch seine 1300 Höhenmeter und die tolle Landschaft ein echtes Schmankerl, der 30.09.2012 ist schon wieder fest für Uhlstädt eingeplant!

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